31. Dezember 2008

Sneak-Marathon vom 7.11.2008

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 15:21

Cineplax Sneak-Preview

Obwohl der 7.11. bereits einige Wochen her ist, möchte ich den geneigten Sneakcast-Lesern nicht die — zumindest mittelbare — Teilnahme am Sneakmarathon vorenthalten. Da wir diesmal eine größere Gruppe verrückter Filmfans waren, die sich von 22.30 Uhr bis 10.45 Uhr am nächsten Morgen im Kino aufgehalten haben, stammen die Rezensionen aus verschiedenen Federn - es lebe die Variation!

Erster Film: Body of Lies (Der Mann, der niemals lebte) - englische OF

Der neue Film von Regie-Ikone Ridley Scott (Alien, Blade Runner, Gladiator) ist im Nahen Osten angesiedelt und erzählt die Geschichte von Roger Ferris (Leonardo DiCaprio), einem CIA-Agenten, der als verdeckter Ermittler in Jordanien Terrorzellen infiltrieren soll. Der Film ist hervorragend gefilmt und ausgestattet, leidet aber an einem wirren, wenig straffen Skript. Beim Anschauen will irgendwie keine Spannung, kein echtes Thrillerfeeling aufkommen, was auch an der undefinierbaren Rolle von Russell Crowe liegt, der als Auftraggeber eine mittelprächtige Vorstellung liefert. Alles in allem ist Body of Lies okay, aber nicht weltbewegend.

Terje

Zweiter Film: Little Miss Sunshine

Der zweite Film des Sneak-Marathons war Little Miss Sunshine, eine kleine, feine Indieperle. Die neunjährige Olive wird ausgewählt, bei der Endrunde des “Little Miss Sunshine”-Wettbewerbs mitzumachen und macht sich mitsamt ihren ganzen Familie (Vater, Mutter, Bruder, Onkel, Großvater) in einem gelben VW-Bus auf den Weg von Albuquerque ins 800 Meilen entfernte Redondo Beach in Kalifornien. Aus dieser Grundsituation entwickelt sich rasch ein sonniges, tragikomisches Roadmovie, welches dem Zuschauer das ein oder andere Mal ein Lächeln auf die Lippen zaubert, unglaublich viele gute Gags und ein furioses Finale zu bieten hat. Kurzum: Ein unterhaltsames Spektakel der ganz besonderen Art und ein herzerwärmender Film, wie man ihn nur selten sieht.

Terje

Dritter Film: Ein Quantum Trost

Hier nun — wie bereits angekündigt — eine Rezension über einen Film, der es nicht geschafft hat, die an ihn gestellten Ansprüche zu erfüllen.

Bevor ich aber zu meinen Hauptkritikpunkten komme, möchte ich erst ein paar Dinge erwähnen, die der Film gut gemacht hat — die Höflichkeit gebietet es.

Also zunächst einmal lässt sich nicht bestreiten, dass James Bond 007 — ein Quantum Trost ein sehr actiongeladener rasanter Film ist, der es über lange Strecken schafft, ein hohes Maß an Bewegung und Dynamik zu suggerieren. Entgegen der früheren James Bond Filme schafft Daniel Craig es auch, einen gänzlich neuen James Bond darzustellen, dessen Alltag weitaus härter ist, als in den früheren glattgeleckten James Bond Zeiten.

Und hier ist ach schon mein Hauptkritikpunkt. Mit den ganzen Neuerungen, die das Thema James Bond hier erfährt, entfernt sich der Film auch von allen vorangegangenen Vorstellungen und verliert seine Einzigartigkeit. Viele Stimmen lassen neuerdings verlauten, dass dieses aktuelle Konzept allerdings genau das wäre, welches von einem gewissen Herrn Flemming ursprünglich gedacht war.

Allerdings ist alles, was von James Bond noch übrig bleibt, wenn man — wie jetzt geschehen — auf Bondgirls, lustige Gimmics, Superschurken mit völlig abgehobenen Plänen, die Weltherrschaft an sich zu reißen, abgeschlossene Storys und Wodka Martinis verzichtet, nicht mehr, als vor nicht allzulanger Zeit schon mit den Bourne-Filmen bereits in den Kinos lief. Es sind keine schlechten Filme, aber leider ist die Thematik austauschbar und dementsprechend langweilig wirkt das neue Bond-Konzept auf mich.

Ich will dem Film hier kein vernichtendes Urteil aussprechen, aber alle, die sich diesen Film ansehen wollen, weil sie einen Bondfilm zu sehen bekommen wollen, werden enttäuscht sein.

Marcel

Vierter Film: The Rocker

Der zweite Sneak-Film dieses Abends war insofern überraschend, als dass keiner unserer Gruppe vorher je etwas von diesem Film gehört hatte — hinterher übrigens auch nicht. Das ist verwunderlich, weil der Film sehr unterhaltsam war und durchaus Aufmerksamkeit verdient hätte.

Die Story ist an und für sich schnell erzählt: Die Hauptfigur Fish ist Drummer bei der Band Vesuvius. Als Vesuvius unter der Bedingung einen Plattenvertrag angeboten bekommen, dass der Neffe/Sohn/Cousin/irgendein Verwandter des Produzenten bei ihnen Schlagzeug spielt, schmeißen sie Fish ‘raus. 20 Jahre später sind Vesuvius extrem erfolgreich, während Fish im Call-Center arbeitet und auch sonst nicht viel vorzuweisen hat. Doch dann bekommt Fish die Chance, in der Band seines Neffen mitzuspielen - der Beginn zu  einer Karriere.

Erfahrene Filmeschauer werden sich den Rest denken können, denn die Haupthandlung ist nicht gerade originell. Es ist sicher nicht zuviel verraten, wenn ich erzähle, dass die neue Band am Ende Erfolg haben wird, es die ein oder andere Liebesverwicklung gibt und Fish auf seine alten Kumpels von Vesuvius trifft. Allerdings ist die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, nett und voller Humor. An vielen Stellen merkt man, dass der Film sich selbst nicht ernst nimmt, und das tut der Story gut.

Lustigte Unterhaltung mit wenig Tiefgang - Fans von School of Rock zu empfehlen.

Anne


Fünfter Film: Batman begins

Der fünfte und letzte Sneak-Film, der etwa um 8.00 Uhr morgens begann, war eine Publikumswahl. Vor dem Marathon hatten die Sneak-Besucher mehrere Wochen lang unter einer bestimmten Filmauswahl wählen dürfen, welche Filme sie im Marathon sehen wollen. Der am häufigsten gewählte Film war Little Miss Sunshine, der mit den zweitmeisten Stimmen war Batman begins.

Den meisten Rezensionslesern dürfte Batman begins bekannt sein, so dass ich mich kurz fassen kann. Der Film erzählt die Entwicklung von Bruce Wayne zu Batman in epischer Breite, beachtlicher Länge und — für Batman — neuer Düsternis. Comicfans, die mit den Werken von Frank Miller oder Alan Moore vertraut sind, dürfte der Stil durchaus zusagen, er unterscheidet sich allerdings beträchtlich von früheren Verfilmungen. Das erkennt man auch daran, dass der Film mit zweieinhalb Stunden Laufzeit deutlich länger ist, es die alten waren. Ein guter Film, um ihn auf einer Kinoleinwand zu zeigen, aber als fünfter Marathon-Film ein echter Brocken.

Anne

20. Dezember 2008

Der Tag, an dem die Erde stillstand (The Day the Earth Stood Still)

Category: Film — Dennis @ 13:39

Der Tag, an dem die Erde stillstand (The Day the Earth Stood Still) Der Tag, an dem die Erde stillstand ist, wie die ganze Welt vermutlich schon weiß, ein Remake. 1951 brachte Robert Wise, übrigens auch Regisseur des ersten Star Trek-Films, einen Streifen in die Kinos, der noch Jahre später in den Köpfen der Menschen hängen bleiben sollte. Science Fiction gab es zu Hauf, lustig blinkende und bliepende Aliens eroberten an allen Ecken und Enden die Erde, aber das Ganze war doch eher seichte Unterhaltung, gehalten, den Zuschauern ein wohliges Was wäre wenn-Schaudern die Rücken hinunter zu jagen.
Der Tag, an dem die Erde stillstand war – und ist – anders. Gerade heute, in einer Zeit, in der wir täglich mit den Auswirkungen des Menschlichen Handelns auf unseren Planeten konfrontiert werden, ist er bemerkenswert aktuell und erschreckend real. Deshalb (und vermutlich wegen des riesigen Merchandising-Potentials) musste ein Remake her.

In der 2008-Version spielt Keanu Reeves, der wohl wie kein anderer Schauspieler Hollywoods die Rolle des messianischen Märtyrers kennt, Klaatu, den Repräsentanten einer Gruppe außerirdischer Zivilisationen, die, wie er sagt, die Erde retten will – um jeden Preis.

Der Film stellt einige interessante Fragen: Wenn Außerirdische Kontakt mit den Menschen aufnehmen wollen, wohin gehen sie dann? Mit wem sollen sie sprechen? Wer ist in der Lage, die gesamte Menschheit zu repräsentieren? Und wie reagieren die Menschen auf die wohl größte aller Nachrichten; dass sie eben nicht allein im Universum sind?

Gut, vieles davon kennt man schon zuhauf, seit in Independence Day die bösen Aliens Panik auf der ganzen Welt und Erklärungsnöte bei den großen Weltreligionen auslösten, seit Nachrichtensprecher in jedem Streifen, in dem es um Außerirdische geht, auf der Leinwand von merkwürdigen Lichtern berichten, während ihre Kameramänner im Hintergrund von glubschäugigen, multitentakligen Monstern verstümmelt werden.

DTaddEs (der Titel ist einfach zu lang) spart sich zwar wenige dieser Klischees, walzt sie aber erfreulich wenig aus. Auch der Hurra-Patriotismus bleibt dezent im Hintergrund, obwohl natürlich wieder die Amerikaner die Welt retten – nicht jedoch dank ihres (nicht einmal auftauchenden!) Präsidenten, der per Telefon einen zum Scheitern verurteilten Militärschlag nach dem anderen befiehlt.

Wir haben eine Verantwortung, das macht der Film ganz deutlich. Auch wenn keine Außerirdischen kommen, um uns von diesem Planeten zu fegen, tun wir das gerade vermutlich selbst.

Diese einfache Botschaft verpackt Der Tag… in routinemäßig gewaltigen Bildern. Insbesondere Klaatus Begleitroboter Gort sorgt für so einige unschöne Zerstörung. Trotzdem ist der Film nicht so Special Effects-verliebt wie viele andere. Besonders die eigentlich wichtigen Szenen geschehen nicht im Beisein großer Explosionen, sondern in den kleinen Momenten, wenn zum Beispiel der großartige John Cleese als alternder Professor Klaatu Bach vorspielt…

Der Tag, an dem die Erde stillstand ist kein klassischer Alien-Reißer. Er ist spannend gemacht, routiniert gefilmt und gut besetzt (Keanu Reeves, Jennifer Connelly, Kathy Bates). Trotzdem fehlt irgendwie der entscheidende Kick, der mich mehr als dreieinhalb von fünf Hochdruckverbrennungskammern vergeben lässt. Die hat er allerdings auch verdient – genau wie euren Besuch.

So, und jetzt muss ich sehen, ob sich das Original von 1951 noch irgendwo findet…

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
Links zum Beitrag:
DTaddES bei imdb
Das Original von 1951
Die deutsche Seite zum Film mit viel Kawumms und so

Die 10 besten Alben des Jahres 2008

Category: Musik — Terje @ 12:25

Das musikalische Jahr neigt sich dem Ende zu und ich bin, wie auch in den 4 Jahren zuvor, mit der Auswahl meiner 10 besten Alben des Jahres zu einer Entscheidung gekommen. Zuvor möchte ich aber noch einmal kurz die Top 10 des  Jahres 2007 präsentieren:

  1. Jimmy Eat World: Chase This Light

  2. Sum 41: Underclass Hero

  3. Muff Potter: Steady Fremdkörper

  4. Paramore: Riot!

  5. Mêlée: Devils & Angels

  6. Fall Out Boy: Infinity On High

  7. James Blunt: All The Lost Souls

  8. Peilomat: Grossstadtkinder

  9. Terra Naomi: Under The Influence

  10. Pohlmann: Fliegende Fische

Während 2007 ein musikalisches Jahr der Neuerungen war (das erste Jahr mit Last.fm etc.), war 2008 eher ein Jahr der konventionellen Alben, die weniger die ganz große Überraschung darstellten. Selbst beim Album des Jahres war irgendwie schon vorher klar, dass es grandios werden würde. Um die ganze Top 10-Geschichte in Zukunft noch interessanter (ja, das geht!) zu gestalten, habe ich mir überlegt, ab diesem Jahr Awards zu vergeben. Es wird zunächst 3 Auszeichnungen geben:

Einen Silber-Pokal (für 2 Chartplatzierungen im Zeitraum 2004-heute),

einen Gold-Pokal (für 3 Chartplatzierungen)

und einen Platin-Pokal (für 4 Chartplatzierungen)

Um das ganze auch korrekt ablaufen zu lassen, hier zunächst der Stand der Awards 2004-2007:

Silber-Pokal

James Blunt: für Back to Bedlam (2005) & All The Lost Souls (2007)

Fall Out Boy: für From Under The Cork Tree (2006) & Infinity On High (2007)

Jimmy Eat World: für Futures (2004) & Chase This Light (2007)

Muff Potter: für Von wegen (2005) & Steady Fremdkörper (2007)

Olli Schulz und der Hund Marie: für Das beige Album (2005) &

Warten auf den Bumerang (2006)

Pohlmann: für Zwischen Heimweh und Fernsucht (2006) & Fliegende Fische (2007)

Silbermond: für Verschwende deine Zeit (2004) & Laut gedacht (2006)

Sum 41: für Chuck (2004) & Underclass Hero (2007)

Sollte es einer Band innerhalb der nächsten Jahre gelingen, sich öfter als 4 mal in den Jahrescharts zu platzieren, werde ich neue Auszeichnungen einführen.

Hier sind sie nun die ultimativen Top 10 des Jahres 2008:

Platz 10 – Rosenstolz: Die Suche geht weiter

Herbstmelancholie, das könnte der alternative Titel für das neue Rosenstolz-Album sein. Traumhafte Songs, emotional berührend und tiefgehend. Leider fehlt es mir etwas an Innovation, denn viele der Stücke hätten auch auf Das große Leben sein können.

Platz 9 – Tomte: Heureka

Gutes und altbewährtes von der Hausband des Grand Hotel van Cleef. In der Jahresliste konnte sich die Band um Thees Uhlmann gegen Home of the Lame und Kettcar durchsetzen. Ehrliche, handgemachte Indierock-Musik mit guten Texten und ergreifenden Melodiebögen. Mit etwas mehr Mut zum Experiment wäre eine höhere Platzierung drin gewesen.

Platz 8 – Simple Plan: Simple Plan

Nach 3 ½ Jahren Wartezeit und einer grandiosen Vorabsingle erschien Anfang Februar das dritte Studioalbum der kanadischen Punk-Kombo Simple Plan. Auf dieser Platte finden sich viele Ohrwürmer, doch leider wurde der Punkanteil arg runtergeschraubt, sodass Midtempo-Songs vorherrschen. Doch das Ganze ist saftig produziert und Lieder wie Save You, When I’m Gone oder das sechsminütige What If sorgen für funkelnde Augen.

Platz 7 – Goldfinger: Hello Destiny…

Ein Album zum immer-wieder-hören. Skatepunk mit Ska-Einschlag, der einfach Laune macht. John Feldmann, Sänger und Gitarrist der Band, ist auch der Einzige, der quasi zweimal in den Jahrescharts auftaucht. Er produzierte nämlich das Album Rotation, welches auf Platz 6 landete. Vielleicht hätte er sich ein paar Hits von seinen Schützlingen krallen sollen…

Platz 6 – Feeder: Silent Cry

Mit diesem Album ist den Walisern eine riesige Überraschung gelungen, hätte ich doch nicht gedacht, dass sie es nach mehreren enttäuschenden Alben überhaupt einmal in die Jahrescharts schaffen würden. Doch mit Silent Cry haben sie mich völlig überzeugt. Sicher kein Album für jeden Tag, aber ein verdammt Authentisches und Zeitloses.

Platz 5 - Cute Is What We Aim For: Rotation

Gute-Laune-Pop-Punk mit Spaßgarantie. Hier werden Hits und Ohrwürmer im Minutentakt abgefeuert. Das Trio aus Buffalo, New York, spielt ungeniert nach vorne und hat mit Practice Makes Perfect, Navigate Me oder Hollywood einige der genialsten Songs der Jahres geschaffen.

Platz 4 – Panic at the Disco: Pretty. Odd.

Den größten musikalischen Richtungswechsel in der Geschichte meiner Jahrescharts präsentieren Panic at the Disco auf ihrem zweiten Album. Auf dem Vorgänger A Fever You Can’t Sweat Out (2005) herrschten noch elektronische Spielerein vor und die Band präsentierten einen massentauglichen Emosound. Auf Pretty.Odd. haben sie sich davon verabschiedet und zollen ihren musikalischen Vorbildern (The Beatles, Pink Floyd u. a.) Tribut. Dabei wirkt an diesem Album nichts gekünstelt oder kalkuliert, die Songs fließen einfach aus der Band heraus und verankern sich unweigerlich im Gehör des geneigten Hörers. Jeder Song ist ein einzelnes Kleinkunstwerk. Man darf gespannt sein, was von dieser Band noch kommen wird. Chapeau!

Platz 3 – The Gaslight Anthem: The ‘59 Sound

Grandioses, gradliniges, spektakuläres Album für die Dauerrotation. Die Newcomer aus New Jersey zeigen vielen anderen Band, wo 2008 der Hammer hängt und präsentieren eine stimmiges (Nahezu-) Konzeptalbum, das bewusst mit musikalischen Versatzstücken spielt und sie so genial in den Sound der Band einflechten, dass einem die Spucke wegbleibt (das gelingt Panic at the Disco auch). Um eine Amazon-Rezension zu zitieren: „Wie ein Kumpel, der einen in den Arm nimmt!“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Ganz großes Kino.

Platz 2 – The Offspring: Rise and Fall, Rage and Grace

Wie der Phönix aus der Asche erheben sich die Bandmitglieder von The Offspring und machen das unmögliche möglich: Im 24. Bandjahr präsentieren sie uns ein musikalisches Feuerwerk, das sich gewaschen hat. Man muss schon viel auffahren, um The Gaslight Anthem den zweiten Platz streitig zu machen und das haben sie tatsächlich geschafft. Die Mischung aus harten Songs (Trust In You, Stuff Is Messed Up, Half-Truism), typischen Offspring-Songs (You’re Gonna Go Far Kid, Nothingtown), Experimenten & Balladen (A Lot Like Me, Fix You, Kristy Are You Doing Okay) geht perfekt auf und hätte die Band fast an die Spitze der Jahrescharts katapultiert. Sie sind zurück!

Platz 1 – Jack’s Mannequin: The Glass Passenger

Erst letzte Woche rezensiert, aber schon seit Ende Oktober ins Herz geschlossen. Es gibt Alben, bei denen hat man das Gefühl, sie wurden geschaffen, damit sie einem gefallen können. The Glass Passenger ist so ein Fall. Ein Kleinod der zeitgenössischen Popmusik mit 13 Songs, die so herüberkommen, als ob sie bis zur Perfektion gereift sind. Es zeigt einen jungen Künstler (Jahrgang 1982) an einem Punkt seines Schaffens, wo klar wird, dass er zu den (Achtung: abgedroschener Begriff!) größten seiner Generation gehört und von dem noch Großes zu erwarten sein wird. In den nächsten Jahren werden Jack’s Mannequin (bzw. Something Corporate) ganz besondere Aufmerksamkeit erfahren. Es ist und bleibt mir dennoch unbegreiflich, warum die beiden Alben (Everything In Transit [2005] und eben dieses) nicht in Europa vermarktet werden und deshalb hier gänzlich unbekannt sind.

Awards: Silber-Pokal geht an:

Rosenstolz für Herz (2004) & Die Suche geht weiter (2008)

Tomte für Buchstaben über der Stadt (2006) & Heureka (2008)

Simple Plan für Still Not Getting Any… (2004) & Simple Plan (2008)

Goldfinger für Disconnection Notice (2005) & Hello Destiny (2008)

Vermutlich wird es noch einen Gold-Pokal für Fall Out Boy geben, deren neues Werk Folie A Deux (hoffentlich) in ein paar Tagen unter dem Christbaum liegt. Dann werden die Jahrescharts natürlich geändert.

So das war die ultimative Top 10 diesen Jahres. 2009 geht es natürlich weiter, mit hochkarätigen neuen Alben z. B. von Jimmy Eat World, AFI, Brand New, Muff Potter, Olli Schulz und der Hund Marie, Green Day, Sum 41, New Found Glory, The Rocket Summer, Paramore und 30 Seconds to Mars.

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (Noch keine Bewertungen)

16. Dezember 2008

Zhan. gu – Die Reise des chinesischen Trommlers

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 21:01

Sneakfilme sind schon was Feines… zumindest, wenn man dann und wann etwas völlig Neues und Unbekanntes zu sehen bekommt. Die Reise des chinesischen Trommlers ist so ein Film. Er handelt von Guan, einem Gangsterboss, dessen Sohn Sid sich mit der Liebsten seines Gegenspielers Stephen Ma eingelassen hat. Deshalb wird Sid von Guan kurzerhand nach Taiwan geschickt, bis sich die Gemüter beruhigt haben. Hier, in der Provinz, stößt der junge Schlagzeuger Sid unvermittelt auf eine Gruppe spiritueller Zen-Trommler. Er beschließt, sich ihnen anzuschließen und lernt sein Leben, das bisher von Neid und Hassgefühlen geprägt war, völlig neu kennen, weil er im Trommeln sich selbst findet.

Der Film hat einfach was. Der Anfang, welcher sich im Gangstermilieu von Hong Kong abspielt vermittelt zunächst einen ganz anderen Eindruck und man denkt, dass einen eher ein Thriller erwartet. Doch als Sid nach Taiwan gekommt, ändert sich die Grundstimmung. Die schwierigen Aufgaben, vor die Sid gestellt wird, und den Willen und Ehrgeiz den er daraus eintwickelt… es macht einfach Freude zuzusehen, wie dieser arrogante Angeber nach und nach über sich selbst heraus wächst. Und dann sind da noch die Trommelsequenzen. Die sind wirklich atemberaubend. Ich bin ja nun wirklich niemand, der sich die Show einer Trommelgruppe anschauen würde, aber was hier gezeigt wird ist teilweise einfach unfassbar gut. Mag sein, dass der Sound und die wucht von der Leinwand her nicht die Intensität eines Konzertes erreichen, aber nichtsdestotrotz erreicht einen dieses Gefühl des Dabeigewesenseins.

Sicher, der Film schlägt ein langsames Erzähltempo an und er hätte insgesamt statt 120 Minuten auch ruhig 100 Minuten lang sein können. Einige Nebenhandlungen stehen in fragwürdiger Beziehung zur Haupthandlung. Aber das macht am Ende gar nichts, denn dieser Film zeigt einem etwas Unbekanntes, Neues und irgendwie auch Überwältigendes. Das ist eine asiatische Kinoperle. Gestern abend hätte ich dem Film noch 3 von 5 Riesentrommeln gegeben. Aber heute, nach einiger Reflexion, werde ich 4 draus machen.

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
14. Dezember 2008

Tintenherz (Ink Heart)

Category: Film — Dennis @ 14:51

Tintenherz (Ink Heart)Tri|lo|gie, die; -, -n [griech. trilogía, zu: tri- = drei- u. lógos, →Logos]: Taktik von Filmstudios, die dazu dient, Zuschauer nach zwei schlechten Filmen auf einen guten dritten hoffen zu lassen.

Fantasy-Romane und -filme sind momentan die Lizenz zum Gelddrucken. Mit schöner Regelmäßigkeit wird jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit, in der Kinder leicht und Eltern noch leichter zu beeinflussen sind, mindestens eine Verfilmung eines Fantasyromans in die Kinos geworfen. Seit der epische Herr der Ringe diese Tradition auf hohem, quasi unerreichbarem Niveau ins Leben rief, erreichten uns in den vergangenen Jahren beispielsweise der unterirdische Eragon, die ersten Narnia-Teile, Der goldene Kompass und so weiter.

Nun ist also Cornelia Funkes Tintenherz, der erste Teil der unvermeidbaren Trilogie, an der Reihe. Die Tintenwelt-Buchreihe hat an allen Ecken und Enden Preise gewonnen und so entschloss sich New Line Cinema, die schon den bereits erwähnten Herr der Ringe in Szene setzten, die Rechte zu kaufen, einen bekannten Schauspieler (Brendan Fraser) in eine der Hauptrollen zu setzen – übrigens auf Funkes persönlichen Wunsch – und den Film mit einem Budget von geschätzten dreißig Millionen Pfund zu drehen.

Nun also ans Eingemachte - wie ist Tintenherz? Naja, grundsätzlich hätte man das Ganze wohl schlimmer machen können. Ich als Tintenwelt-Neuling freute mich über Brendan Frasers typischen Hundeblick und über Andy ‘Mein Schatzzzss’ Serkis als fiesen Capricorn, über die schönen Landschaftsaufnahmen Italiens Liguriens, über die brauchbaren Special Effects und die sich beinahe aufdrängenden Verweise auf die ganz Großen der Fantasy-Literatur.

Doch irgendwie ist Tintenherz nicht Fisch, nicht Fleisch. Der Zuschauer wird hier in eine Welt geworfen, deren Hintergründe in den Büchern wohl ausgiebig erzählt, im Film aber wenn überhaupt nur knapp abgehandelt wird. Die Motivation der einzelnen Charaktere bleibt bis auf die Staubfingers (der aus dem Da Vinci-Code bekannte Paul Bettany) völlig unklar. Warum ist Fenoglio (Jim Broadbent) so unglaublich trottelig? Nicht etwa, weil’s zum Charakter passt, sondern weil so die Story mit den wenigsten Umwegen und dem geringsten Aufwand für die Drehbuchautoren weiter geführt werden kann. Warum laufen die Charaktere immer wieder vom einen Ort zum anderen? Für den Überlängenzuschlag natürlich!

Filmen, die mich fesseln, die mich gefangen nehmen und auch nachdem ich das Kino verlassen habe nicht mehr loslassen, lasse ich so Einiges durchgehen. Kleinere Logikfehler? Physikalische Unmöglichkeiten? Die zwei miesen Special-Effects? Gar kein Problem, da kann ich geflissentlich drüber hinwegsehen.
Doch wenn wie hier die Geldmacherei scheinbar im Vordergrund steht (der Film sollte ursprünglich im Mai in die Kinos kommen, wurde dann aber aus studiointernen Gründen in die Vorweihnachtszeit verlegt… ahem), dann werde ich grantig, knickerig und kleinlich.

Tintenherz ist einer von den Filmen, die keine Lust darauf machen, das Buch zu lesen – was wohl schade ist, weil sich dahinter doch wohl sehr viel mehr verbirgt als magere Standard-Fantasy. Dass Iain Softley, der Regisseur des großartigen K-Pax sich zu so etwas hinreißen ließ, ist wohl nur durch chronische Geldknappheit erklärlich.

Eineinhalb von fünf Einhörnern gibt’s für Tintenherz. Wie gesagt, es hätte noch schlimmer kommen können.

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 2,00 von 5)
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Tintenherz bei imdb
Tintenherz bei amazon.de
Etwas teurer als die Kinokarte, aber vermutlich sehr viel gehaltvoller
13. Dezember 2008

Take That – The Circus

Category: Musik — Terje @ 0:37


…Mit der Take That-Rezension lasse ich mir nicht soviel Zeit. Jedenfalls nicht soviel wie bei Jack’s Mannequin.
Am Anfang des neuen Jahrtausends waren Boybands tot. Es war vorbei mit den Zimmern voller Poster, nur von Mädchen (& Frauen) besuchten Konzerten und schmierigen Dancepop-Videos auf Dauerrotation bei VIVA. Doch im Jahre 2006 wagten die vier übrig gebliebenen Mitglieder der erfolgreichsten Boyband der 90er Jahre einen Neuanfang. Die Nachricht verbreitete sich ungeahnt schnell: Take That sind zurück!
Erstaunlicherweise wirklich besser als je zuvor. Beautiful world war ein tolles Pop-Album mit vielen Hits und den außergewöhnlichen Stimmtalenten von Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald. Diese Tradition setzen sie nun auf ihrem zweiten Album seit dem Comeback fort. The Circus ist eine bunte Mixtur aus alt bekannten Zutaten, die einen zwar nicht vom Hocker haut, aber eben doch die Erwartungen erfüllt.
The garden eröffnet das Album geschickt: Es spielt alle magischen Momente vom Vorgänger Beautiful world in 5 Minuten noch einmal durch und begeistert mit wechselndem Leadgesang. Die 1. Single Greatest day kommt ohne richtigen Refrain aus und man kann sogar Indierock (!) Einflüsse heraushören. Großartige Melodieführung! Hello ist dann quasi Mark Owen’s Zugabe zu Shine, ein schöner Popsong, der schmissig nach vorne geht. Bei Said it all musste ich erst mal schlucken: Der erste Refrain klingt haargenau wie aus einem 90er-Album, doch in der 2. Hälfte gewinnt der Song nochmal an Tempo und wird zu einer Art Reach out Teil 2. Viel Schelte mussten sie für Julie einstecken, was keinem Kritiker (von denen, die ich gelesen hab) gefallen hat. Mir gefällt’s trotzdem. Klar, “Shalalalalala I want you” gewinnt keinen Originalitätspreis, aber das Stück funktioniert, und das ist das Wichtigste. The circus ist eine intime, zurückgenommene Pianoballade, bei der Gary Barlow eindringlich sein Stimm- und Songwritertalent unter Beweis stellt (nicht, dass er es noch müsste). Das einzige Stück, dass ich wirklich belanglos finde ist How did it come to this, ein Fall für die Skiptaste. Up all night geht dann wieder nach vorne und in der Bridge wird es sogar witzig und charmant. Das von Jason Orange gesungene What is love ist, neben The Garden das balladeske Herzstück das Albums. Es ist einfach rührend, wie hier die so oft diskutierte Thema noch einmal musikalisch (und unkitschig) umrundet wird. You ist ganz nett, mehr aber auch nicht. Bei Hold up a light geben die vier nochmal Vollgas. Das Stück führt geschmeidig aus dem Album heraus, wobei der Hidden Track Here sozusagen das Sahnehäubchen ist.
Alles in allem ist Take That, zusammen mit ihrem Hausproduzenten John Shanks, ein überzeugendes Nachfolgewerk gelungen. Wenn sie auch in den nächsten Jahren ein derartiges Format beibehalten, dann kann es sein, dass dieser “letzten Boyband” noch viele Sternstunden der Popmusik zu verdanken sein werden.

Zweieinhalb von fünf Punkten.

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)

Jack’s Mannequin – The Glass Passenger

Category: Musik — Terje @ 0:08

Am 30. September erschien das Album in den USA, am 25. Oktober landete es im meinem Briefkasten und nun, fast 2 Monate später schreibe ich endlich eine Rezension:

Jack’s Mannequin – The Glass Passenger

Ich muss sagen, auf dieses Album habe ich mich wirlich seit über einem Jahr gefreut. Ich hörte das erste Mal von Jack’s Mannequin, weil ich Anfang 2007 auf Something Corporate, die alte Band des Sängers Andrew McMahon, aufmerksam wurde. Diese Band ist nun mehr oder minder aufgelöst, bzw. durch Jack’s Mannequin ersetzt worden. Die beiden Gruppen unterscheiden sich im wesentlichen durch einen Rock/Punk bzw. einen Pop-Einschlag. Kurzum Jack’s Mannequin, das ist emotionale, handgemachte Popmusik mit großem Pianoanteil. Der Sänger und Komponist McMahon ist ein absolutes Ausnahmetalent. Seine Fähigkeit, geniale Texte ind eine lupenreine musikalische Hülle zu packen sucht in den Staaten (und sonstwo) ihresgleichen. Und sie brilliert nirgendwo in so reiner Form wie auf seiner neuen Platte.

The Glass Passenger ist ein exzeptionelles Meisterstück geworden. Federleicht wird man anfangs ein die Platte geführt. Crashin ist ein Opener, wie er im Buche steht. Leichtfüßig, beschwingt, genialer Refrain. Spinning ist dann quasi der Nachklang der Exposition. Swim, die erste Ballade, stellt eine Verarbeitung der schweren Krankheit dar, mit der McMahon während der Produktion dieses Albums zu kämpfen hatte. Nachdem dem Sänger im Jahr 2005 akute lymphatische Leukämie diagnostziert wurde, begann er, die Erfahrungen mit der Krankheit in seinen Songs zu verarbeiten. Dieses Wissen führt dazu, dass ein Stück wie Swim, mit seiner lebensbejahenden Message in einem ganz anderen Licht erscheint. Wenn McMahon singt, „I’m not giving in.“ dann ist das eindringlich und berührend. American love hat einfach Single-Potential. Das Stück hat alles, was einen Radiohit ausmacht und die Kombination (Strophe akustisch-Refrain elektrisch) geht perfekt auf. What gets you off ist so ein bisschen das Stück auf der Platte, das zum Innehalten gedacht ist. Es ist, neben dem finalen Caves, das längste Stück des Albums und ist sehr behutsam arrangiert und aufgebaut. Suicide blonde lässt Erinnerungen an alte Something Corporate-Zeiten wieder aufleben und rockt ungeniert und schnörkellos nach vorn, nach ein paar mal hören ein Ohrwurm. Annie use you telescope ist ein balladeskes, ausgebreitetes Panorama, das sich anfühlt, als würde man den Sternenhimmel akustisch umarmen. Bloodshot ist ein Stück, das aus dem Albumkontext herausfällt, und zwar weil man bei den Stücken 1-7 dachte, dass das Album genial ist. Hier wird es endgültig klar: Es ist viel mehr, es ist grandios! Bei Bloodshot wird ein musikalisches Feuerwerk abgebrannt, dass es einem die Sinne raubt, die treibende Strophenrhythmus, der schnelle Refrain, die ruhige Bridge, hier stimmt einfach alles. Dagegen wirkt Dropout – The so unknown, ein Stück, dass auf dem Vorgänger Everything in transit Begeisterungsstürme ausgelöst hätte, wie der nette Zuckerguss oben drauf. Als ob das nicht alles gut genug wäre, folgt im zehnten Stück die nächste Überwältigung: Die Ballade des Jahres 2008: Hammers & strings. Zum Dahinschmelzen! Über die erste Single The resolution muss man nicht mehr viel sagen: Das ist der perfekte Popsong. Thematisch ähnlich wie Swim, gerade deshalb grenzenlos genial. Orphans ist die Ouvertüre zum Finale und Caves lässt das Meisterstück epochal ausklingen.

Ladies & Gentleman, I proudly present you the album of the year:

Jack’s Mannequin – The Glass Passenger.

(Atemberaubende 5 von 5 Punkten)

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Jack's Mannequin – Die Website
"The Resolution" – Das Video
11. Dezember 2008

Die Große Olli Schulz-Show

Category: Literatur,Musik — Dennis @ 13:55

Olli Schulz “Beim letzten Mal waren nur fünfzehn Leute hier…” sagt Olli, als er auf die kleine Bühne kommt, auf das hakelnde Intro-Video mit Bela B schaut und an seinem Lesetisch Platz nimmt. Wir im Publikum – vielleicht hundert Leute – reiben uns verwundert die Augen: Lesetisch? Bierbänke im Publikum? Konzerte im Sitzen? Ich dachte, das machen nur die Toten Hosen…

Olli Schulz ist wieder unterwegs, diesmal ohne den Hund Marie. Der Mann, dessen Konzerte ohnehin zu siebzig Prozent aus Anekdoten, Geschichten und Frotzeleien mit dem Publikum bestanden, macht jetzt eine Lesereise – oder zumindest beinahe.
In der ersten Stunde hängt das Publikum gebannt an seinen Lippen, die von seinem Job als Stagehand (nicht Roadie) erzählen, von Türsteher Ulasch, miesen Nachwuchswettbewerben und dem Hundeabwehrspray, und wir glauben ihm sofort, dass er die Geschichte sonst noch nirgendwo erzählt hat und fühlen uns ein bisschen besonders.
Home of the Lame sind auch dabei, quasi als Olli-Schulz-Begleitband. Zwischen den Teilen seiner Geschichte spielen sie ein paar ihrer eigenen Songs, die vom Publikum leider nicht so ganz zur Kenntnis genommen werden.

Man wird unruhig, hatte man doch Karten für ein Konzert gekauft, auf der Hinfahrt alle Platten noch einmal durchgehört, um auch die letzten Textpassagen im Schlaf mitsingen zu können und jetzt das? Olli beruhigt alle: Das ist jetzt nur der erste Teil der Show. Nicht nur ein Buch mit dem Titel “Rock’n’Roll verzeiht dir nichts” gibt es im neuen Jahr, auch ein weiteres Album! Und das spielt er uns gleich noch vor! Große Augen überall!

Und nach einer kurzen Pause geht es dann wirklich los: Dem miesen Sound entgegen spielt Olli einen Kracher nach dem anderen, darunter Stücke mit grandiosen Titeln wie “Die Guten, die bluten, weil die Schlechten sie knechten, und der Rest stirbt langsam aus” oder mein persönlicher Favorit, “Sauna in Lankwitz”. Zu beinahe jedem Stück gibt es eine Entstehungsgeschichte, die dann eben doch beweist, dass die immer am Unverständlichen kratzenden Texte meistens einen Hintergrund haben.

Der Höhepunkt des Abends, auf den schon das Intro-Video hingearbeitet hatte, war: Bibo, Ollis Beitrag zur nächstjährigen Ibiza-Saison, ein Stück mit dazugehörigem Tanz, der in seiner Grandiosität den Ketchup-Song und den Macarena mit Leichtigkeit in einen lustig zuckenden Schatten stellt. Nach anfänglichem Zögern (“Das ist Bochum, die hatten alle Steine zum Frühstück”) sind dann alle dabei und machen den Bibo, das Ufo und den Grobi. Zum-Deppen-Machen auf hohem Niveau.

Am Ende ist Olli dann wieder allein auf der Bühne und spielt Publikumswünsche, erzählt auch hier kleine Geschichten zu den Songs und ist ganz der Entertainer, nach dem er überhaupt nicht aussieht. Noch einmal kurz Armdrücken mit dem Publikum – garantiert eine neue Tradition bei Olli Schulz-Auftritten in Bochum – und dann ist es auch schon vorbei…

Was bleibt ist die Lust auf mehr, viel mehr, die Begeisterung ob der Ankündigung des neuen Albums und die leichte Verwirrung, was man da gerade miterlebt hat. Improvisiert schien es. Gemütlich. Familiär. Wie wenn ein guter Kumpel nach einiger Zeit mal wieder vorbeischaut, um zu erzählen, wie es ihm so ergangen ist achundganzganzreinzufällig hat er auch noch seine Gitarre dabei und spielt ein bisschen.

Nächstes Mal wieder, Olli. Ganz sicher.

Aufguss, Aufguss, immer Aufguss, Aufguss, Aufguss, weil das sein muss…

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Olli Schulz
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WordPress 2.7

Category: Sneakcast.de — Dennis @ 10:01

Hallo, liebe Sneakcastler,

seit wenigen Minuten läuft auf diesem Blog WordPress 2.7. Sollten euch irgendwelche Probleme oder Hässlichkeiten auffallen, sagt bitte bescheid.

Dennis

4. Dezember 2008

Schlaglicht: Kino extrem

Category: Film,Kram,Münster,Sneak — Patrick @ 23:17

Mit reichlicher Verspätung — man hat ja auch anderes zu tun — möchte ich nun ein kurzes Schlaglicht auf die Filme werfen, die ich im Oktober gesehen habe, als ich dank Kinomonatsfreikarte beinahe im Lichtspielhaus eingezogen bin.

01.10: Kirschblüte — Hanami: Sensibel erzählte, grandios gefilmte und meisterhaft gespielte Geschichte über die Auseinandersetzung mit dem Tod, unerfüllten und unverstandenen Wünschen und der Suche nach einfachem, aber tiefem Glück. Das Thema wird feinfühlig mit der richtigen Mischung aus ergreifendem Ernst und lockerer Komik dargestellt, ohne je peinlich oder überzeichnet zu wirken. Ein bewegender Film über den Tod, der das Leben bejaht. Mehr als sehenswert!

01.10: Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit: Weniger ein Film im eigentlichen Sinne als auf Leinwand gebanntes und dennoch interaktives Kabarett. Männlein und Weiblein sitzen getrennt auf unterschiedlichen Seiten des Saals, dort jeweils willkürlich verteilt, sodass man unter Fremden sitzt und bei den Summabstimmungen ohne Scham mitstimmen kann. Ein eineinhalbstündiger Ausflug in die Irrungen und Wirrungen der schönsten Nebensache der Welt mit viel Witz und Ironie. Sollte man mal mitgemacht haben.

08.10: Burn after Reading: Dennis’ Rezension kann ich eigentlich nur hinzufügen, dass es mich rein gar nicht wundern würde, wenn sich der gesamte Film so 1:1 in der amerikanischen Wirklichkeit ereignen würde…

09.10: Baader Meinhof Komplex: Wie Terje in seiner Rezension geschrieben hat, bewertet dieser Film nicht, bezieht keine Stellung, sondern stellt lediglich dar — in aller Grausamkeit — und zwingt den Zuschauer, sich mit dem Geschehen, unserer Geschichte, auseinanderzusetzten. Entsprechend setzt der Film durchaus ein gewisses Maß an historischer Bildung voraus, ohne jenes ihn zu verstehen schwierig und ihn richtig zu würdigen beinahe unmöglich ist.
Beispielsweise wird im Film die von Vo Suu während des Vietnamkriegs aufgezeichnete Exekution von Nguyễn Văn Lém auf offener Straße durch Nguyễn Ngọc Loan gezeigt. Man sieht im Baader Meinhof Komplex also, wie ein realer Mensch vor laufender Kamera erschossen wird — eine Szene, deren Tragweite und Bedeutung man sich als Zuschauer und Mensch bewusst sein muss.

12.10: Krabat: Die Verfilmung von Otfried Preußlers Jugendbuch soll nach Aussage des Autors zu seiner vollen Zufriedenheit gelungen sein. Ob das allerdings für einen guten Film bürgt, sei dahingestellt. Durchaus kurzweilig, angenehm düster und mit genretypischer einfach gestrickter plakativer Story krankt der Film trotz solider Umsetzung am stellenweise nur dürftigen Spiel der Darsteller.

14.10: Blindness — Die Stadt der Blinden habe ich bereits hier rezensiert.

21.10: Willkommen bei den Sch’tis wurde hier von Anne besprochen.

22.10: Das Lächeln der Sterne: Schmalz, für Normalsterbliche kaum zu ertragender Schmalz. Das Ende ist zwar auch kaum zu ertragen, aber wenigstens nicht so schnulzig, wie es sein könnte und ich zunächst befürchtete.

23.10: Ananas Express: Ein Kifferfilm auf Dauerhigh, an dem eigentlich alles passt von der skurrilen Geschichte, über den sensiblen Dealer, die bescheuerten Aktionen bis zum finalen shoot out. Mehr aber auch nicht.

28.10: Walz with Bashir: Grandios, das ist Filmkunst! Lest meine ausführliche Rezension und schaut ihn Euch unbedingt an.