30. Oktober 2008

Willkommen bei den Sch’tis

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 17:42

Willkommen bei den Sch'tis Die Sneak in Münster scheint sich gerade in eine multikulturelle Phase zu begeben. Nach fast einem Jahr mit nur deutschen oder englischen Fassungen kam am 21.10. endlich ein französischer Film, der zwar auch als deutsche Fassung, zusätzlich aber als OmU lief. (Und das ist noch gar nichts im Vergleich zum Film vom 28.10., den Patrick bald rezensieren wird!) Pech für mich, dass mein Mitsneaker gar kein Französisch sprach und wir deshalb in die deutsche Fassung gegangen sind. Es sollte sich allerdings als die richtige Entscheidung erweisen, denn dieser Film lebt von seiner Sprache!

Philippe, der bei der Post angestellt ist und in der Provence lebt, wird gegen seinen Willen in den nördlichsten Teil Frankreichs versetzt, nämlich nach Bergues in das Département Nord-Pas de Calais, nahe der belgischen Grenze. Der Zuschauer erfährt auch bald, warum dies als Strafversetzung angesehen wird: Aus Sicht der Südfranzosen ist der Norden eine kalte, von allen guten Geistern verlassene Gegend: Die Temperaturen sollen maximal auf 0°C klettern, alle Einwohner sollen Alkoholiker sein und ein unverständliches Kauderwelsch reden. Und so kommt es, dass Philippe seine Frau Julie und den gemeinsamen Sohn im Süden zurück lässt und sich alleine auf den Weg nach Norden macht.

Der geneigte Leser wird sich denken können, dass diese Beschreibung mehr Vorurteile als Fakten enthält - schließlich liegt Münster ein ganzes Stück nördlicher als Bergues, ohne dass man hier von Polartemperaturen sprechen könnte. Philippe muss jedoch feststellen, dass die Gerüchte im Hinblick auf die Sprache stimmen, und dass er die Einwohner, die das sog. “Sch’ti” sprechen, zunächst nicht versteht. Mit der Zeit gewöhnt er sich - wie es nicht anders zu erwarten war - an Land und Leute und steht nur vor der Frage, wie er seiner Frau erklären kann, wie das Leben in Bergues wirklich ist…

Der Film gewinnt einen großen Teil seiner Komik durch die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Philippe und den Sch’ti. Aus diesem Grund wurde für die deutsche Fassung eine Kunstsprache entwickelt, die gar nicht ‘mal so schlecht klingt. Trotzdem wäre es natürlich schöner, die Originalsprache der Ch’tis (wie sie im Französischen heißen) zu hören. Kennt man zudem noch das französische Milieu und kann die Vorurteile von Philippes Freunden richtig einordnen und wiedererkennen, erhält der Film eine humorvolle Komponente, die er in der deutschen Synchronisation nicht haben kann. Es ist kein Wunder, dass der Film in Frankreich der erfolgreichste französische Film aller Zeiten ist. Ein kleines Wunder wäre es aber, wenn er das hier werden könnte - dafür ist der Konflikt uns Deutschen in aller Regel einfach zu wenig vertraut.

Trotzdem - der Film ist so gut synchronisiert, wie das unter den Umständen möglich ist, sehr unterhaltsam und kurzweilig - eine klare Empfehlung! Da verzeiht man leicht die wenig originelle Story. Wer ausgezeichnet Französisch spricht, hat sicher Freude an dem Original, für alle anderen wird es jedoch vermutlich anstrengend. (Da ich den Film bislang nur auf deutsch gesehen habe, ist das allerdings reine Spekulation.)

Viereinhalb von fünf Sternen für diese charmante Komödie!

Anne

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3 Comments

  1. Der Film lief vergangenen Montag (29.10.) auch bei uns in Bochum in der Sneak. Mir hat er ausgesprochen gut gefallen und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so viel und so herzlich gelacht habe. Die deutsche Fassung kann man ohne Vorbehalt als absolut gelungen bezeichnen, da sie die sprachlichen Feinheiten geschickt umsetzt. Auf jeden Fall eine klare Empfehlung von mir. Thumbs up!

    Kommentar by Terje — 1. November 2008 @ 11:09

  2. Den bisherigen Bewertungen, was den Humor betrifft,kann ich mich anschließen. Ich frage mich jedoch, ob das Thema Sprache der Nordfranzosen und die in der Provence gesprochene Langue d’Oc in dem Film nicht spiegelverkehrt und künstlich verfremdet wird. So wird im Norden ein relatives “Hochfranzösisch” gesprochen, während in der Provence und an der Cote d’Azur der l’accent de Mireille (Mathieu) vorherrscht, der von der Klangmelodie sehr dem rheinischen Singsang ähnelt (Kölle, Oche, etc.)
    Aber dazu muss man den Film im Original sehen - z.b in Lüttich.
    Ganz toll ist die Leistung von Christoph Maria Herbst als Synchronsprecher!
    Daher gebühren dem Film fünf Flaschen Rotwein…

    Kommentar by Jost — 4. November 2008 @ 5:15

  3. Selbiger (Christoph Maria Herbst) ist übrigens in Wuppertal geboren. Hab ich neulich in der Wikipedia erfahren. Interessant.

    Kommentar by Terje — 14. Januar 2009 @ 11:26

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