23. März 2010

Grand Theft Auto IV (PC)

Category: Games — Terje @ 18:48

Vor circa zwei Monaten beendete ich ein großartiges Videospiel. Grand Theft Auto IV, welches im April 2008 für PlayStation 3 und Xbox 360 und im Dezember 2008 für den PC erschien, das ist ein weltbewegender Meilenstein der Videospielgeschichte. Die folgende Rezension wird versuchen, die Gründe dafür zu umreißen.
Die Geschichte des Spiels stellt den Protagonist Niko Bellic in den Mittelpunkt, welcher anfangs in Liberty City (einer veränderten Nachbildung New Yorks) ankommt und fortan auf der Suche nach dem amerikanischen Traum ist. Hierzu muss er, wie in den vorigen GTA-Teilen, verschiedene Aufträge erfüllen und sich in der Hierarchie des organisierten Verbrechens nach oben arbeiten. Diese klassische Prämisse (sie unterscheidet sich kaum von der des 2001 erschienenen GTA III) nutzt das Spiels aber auf solch kongeniale Art und Weise, dass der Spieler unweigerlich in eine andere Welt gesogen wird. Dies hängt mit drei Hauptfaktoren zusammen:

1. Realismus:
Alle vorangegangenen Teile der Spielereihe (hier sei besonders auf GTA III, Vice City und San Andreas verwiesen) zeichneten sich durch einen einheitlichen Grafikstil aus, welcher die Akteure zwar menschenhaft, jedoch comichaft-satirisch-überspitzt in Szene setzte. GTA IV ist natürlich auch satirisch-überspitzt angelegt. Bei den Synchronstimmen ist Pathos und Overacting an der Tagesordnung und auch sonst geizt das Spiel nicht mit Selbstironie. Allerdings läutet GTA IV eine neue Ära in der Geschichte des Franchises ein, da auf eine comichafte Darstellung von Charakteren und Spielewelt zugunsten einer photorealistischen Darstellung verzichtet wurde. Diese Entscheidung der Gamedesigner äußert sich jedoch nicht nur während den (phänomenalen) Zwischensequenzen. Der Grad des Realismus ist in der gesamten Spielverlauf integriert und bestimmt (nahezu) alles. Autos lassen sich nicht mehr, ohne zu bremsen, um 90-Grad-Kurven steuern. Der Protagonist stirbt sehr schnell, wenn er sich mit der Polizei anlegt. Die Kleidung der Hauptfigur ist nass, nachdem er im Wasser war. Explosionen erzeugen realistischen Rauchentwicklung. Es gibt Momente, da erwischt einen der neuartige Realismus eiskalt, so zum Beispiel wenn Nico Bellic mit Vollgas gegen ein Hindernis fährt und folgerichtig durch die Frontscheibe auf die Straße geschleudert wird. Diese Momente kommen einem Erwachen aus der Traumwelt der PS2-GTAs gleich, in welchen andere Elemente den Spielalltag bestimmten. Die Eingewöhnungszeit (gerade im Bezug auf die neuartige Fahrzeugsteuerung) verlangt dem Spieler einiges ab, jedoch wird man mehr als entsprechend belohnt und wer sich einmal auf diesen neuen Realismus einlässt, der will nie wieder zurück.

2. Spielewelt:
Un-glaub-lich! Das ist die prägnante Zusammenfassung der ersten (nicht auftragsgebundenen) Spielminuten. Wenn man die Straße vor Nikos erstem Unterschlupf betritt und den „Bewohnern“ von Liberty City bei ihren alltäglichen Aktivitäten einfach nur zuschaut, dabei kann schon so manche Spielstunde draufgehen. Passanten tragen Einkaufstaschen umher, telefonieren mit ihren Handys oder begehen Verbrechen. Diese Verbrechen werden, genau wie die des Spielers, von der Polizei geahndet. So rückt auf einmal eine Streife an und der Spieler denkt: „Die sind hinter mir her.“ Stattdessen wird man unmittelbarer Zeuge einer Verhaftung, inklusive Megaphon-Ansage, Drohung und Abführung. Hier bricht der zuvor beschriebene Realismusgrad herein, welcher die ganze Spielewelt determiniert. Zudem weiß das Spiel mit vielen liebevollen Details, wie einem graphisch eindrucksvollen Tag- und Nachtwechsel (diese Sonnenaufgänge!!!) oder einer intakten Straßenreinigung zu begeistern. Man hat einfach zwischenzeitlich das Gefühl, diese Stadt existiert wirklich.

3. Missionen/Gameplay:
Der Realismus und die Spielewelt für sich allein genommen würden jedoch keinen gestandenen GTA-Fan hinter dem Ofen hervorlocken, wenn es nicht eine gigantische Fülle an Aufträgen in dieser Welt zu erledigen gäbe. Im Singleplayer-Modus ergibt sich allein durch diese Aufträge eine Spielzeit von 40 Stunden, was sich durch aus mit dem direkten Vorgänger (San Andreas, 2004) messen kann. Besonders gut ist diesmal die Integration der Aufträge in die Geschichte des Spiels gelungen, sodass etwa 80% der Missionen im direkten Zusammenhang mit der Haupthandlung stehen, während die restlichen eher als Nebenmissionen gelten können. Man spielt das Spiel quasi in Abschnitten. Mal holt man sich Aufträge von Auftraggebern ab, zu anderen Zeitpunkten wird man auf dem Handy angerufen und eine Mission beginnt direkt. Diese unvermittelten Missionen haben oft Event-Charakter und machen dementsprechend besonders viel Spaß. Neben diesen Event-Missionen gibt es natürlich auch das GTA-typische „Füllmaterial“, welches sich aber in erfreulichen Grenzen hält. Im Bezug auf die Missionen ist auch die einzige nennenswerte Schwäche des Spiels zu nennen: Scheitert man bei einer Mission hat man zwar die Möglichkeit, sie per Handy direkt von vorn zu beginnen, allerdings muss man immer wieder dieselbe Fahrstrecke zurücklegen um an den Ort des Geschehens zu gelangen. Dies ist gerade bei späteren Missionen, die zum Teil 5-10-minütige Fahrstrecken durch die gesamte Stadt vom Spieler verlangen, ein wahres Ärgernis. Dieser Frust fällt allerdings nicht so stark ins Gewicht, wenn man eine der Highlight-Missionen spielt und diese erfolgreich abschließt. Beste Beispiele sind hier: Der Banküberfall und die letzte Mission. Diese Highlight-Missionen sind Beispiele davon, wie nah GTA IV in seinen besten Momenten an das perfekte Spielerlebnis heranreicht. Diese Highlights sorgen auch dafür, dass die Motivationskurve (trotz langer Spieldauer) nie abflacht und man immer wissen will, wie es weitergeht.

Um es auf den Punkt zu bringen: GTA IV, das ist ein phänomenales Ereignis digitaler Unterhaltung. Es hat im vergangenen Jahrzehnt lediglich zwei Spiele gegeben, die der Genialität und der Spieltiefe dieses Meisterstücks ebenbürtig sind: Resident Evil 4 (2005) und The Legend of Zelda: Twilight Princess (2006). Diese drei Titel markieren die Speerspitze der Unterhaltungsgattung Videospiel. Die Tatsache, dass sich GTA IV ganz oben einreihen darf spricht auch dafür, dass die Serie (nach vergangenen Erfolgen) nun auch einen festen Platz im Kanon der Next-Gen-Konsolen innehat. Man darf auf der nächsten Teil der Serie mehr als gespannt sein!

10/10

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (3 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)

Links zum Beitrag:
Englischsprachige Rezension bei IGN UK

1 Kommentar

  1. Mich haben bei der PS3-Version bislang die Ladezeiten davon abgehalten, wirklich viel Zeit in das Spiel zu versenken. Auch die Grafik-Ruckler müssten so eigentlich nicht sein.
    Trotzdem freue ich mich schon jetzt wie ein Schneekönig auf das Spiel ;o)

    Kommentar by Dennis — 24. März 2010 @ 10:57

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.