31. März 2008

Videomics

Category: Film — Patrick @ 21:29

Was macht eine Gruppe Studienstiftler in Bielefeld, wenn sie an einem “Omics-Praktikum” teilnimmt? Vielleicht das Ergbut von Mikroorganismen entschlüsseln (genomics) oder alle Proteine (proteomics) und Stoffwechselprodukte (metabolomics) einer Zelle untersuchen. Da bleibt nur die Frage, warum das den geneigten sneakcast-Leser überhaupt interessieren sollte… Der entsprechende Grund liegt auf der Hand: Nach getaner Arbeit gibt’s im Jugendgästehaus videomics. Ein spartanisches Dreibettzimmer, Mengen illegal eingeschmuggelter (geistiger) Getränke, ein Laptop mit gar zu kleinem Bildschirm und natürlich acht Leute wie Ölsardinen auf eineinhalb Betten gequetscht. Unter diesen gemütlichen Kinobedingungen genehmigten wir uns just There Will Be Blood und In the Mouth of Madness.

There Will be Blood: Daniel Plainview ist ein “Ölmann” durch und durch. Getrieben von seinem beständig wachsenden Hass auf alle Menschen kauft er Land, bohrt nach Öl und scheffelt Geld ohne Ende. So wundert’s chat-quotesnicht, dass seinen Weg etliche Leichen und Gräultaten säumen. Das gefühllose Aussetzen des eigenen Sohnes ist nur eine davon. Daniels durch und durch kaputter Charakter findet eine vorzügliche Kopie in einem völlig verrückten Dorfpfarrer, der Dämonen austreibt, Gott im Bauch hat und der Kirche der dritten Offenbarung vorsteht…
In typischer Westernmanier ist die Handlung natürlich minimal. Der Film baut quasi ausschließlich auf die erdrückend öde Landschaft und die abgestumpften Charaktere der (ausgebeuteten) Ölarbeiter. Eine perspektivenlose Welt ohne Zukunft, ein einsamer, steter Kampf gegen sich selbst.
Alles in allem ein guter Film 2, der jedoch nach großer Leinwand verlangt.

In the Mouth of Madness: Der marginale Inhalt dieses Films beschränkt sich auf die Suche nach einem verschwundenen Horrorschriftsteller. Damit es nicht gar zu langweilig wird, verschwimmen auf eben dieser Jagd die Grenzen zwischen Realität und Visionen besagten Autors: Grausige Tentakelwesen, besessene Mobs, Straßen, die einen immer an den Ausgangsort bringen, und dergleichen erschweren die Suche.
Der gesamte Film lässt sich (sogar zu später Stunde) relativ leicht vorhersehen und scheint überhaupt nur dem Wunsch entsprungen zu sein, einmal alle Grußelmöglichkeiten unter fadenscheiniger Geschichte aneinander zu reihen.
Ganz und gar nichts besonderes: 4-

Patrick

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There Will Be Blood bei IMDb
In the Mouth of Madness bei IMDb

Up! Up! To the Sky

Category: Film,Sneak — Patrick @ 20:59

Was soll man von einem norddeutschen Film erwarten, der einen englischen Titel trägt und beim Filmfest auf Norderney den Volkswagenpreis für das beste Drehbuch erhalten hat? Wer jetzt sagt, gar nichts, der irrt - zumindest teilweise. Die Handlung erinnert deutlich an K-PAX: Arnold glaubt sein verschwundener Vater sei ein Außerirdischer und versucht beständig obskure Flugmaschinen zu bauen, um ihm ins All nachzureisen. Für die norddeutsche Landbevölkerung, die Arnolds Mutter stets belächelt, ist er nicht mehr als ein liebevoller Irrer. Als er jedoch bei einem der missglückten Startversuche die Beherrschung verliert und ein Kind verletzt, schlägt die lustige Überheblichkeit in Angst und Hass um. Arnold muss in die Psychiatrie, wo er bald den Eindruck gewinnt, Wärter und Ärzte seien die eigentlichen Verrückten.
In der Anstalt arbeitet auch Wanda als Doktorandin und erliegt bald der Faszination ihres neuen Patienten - in mehrfacher Hinsicht.

Warum dieser Film ausgerechnet einen Drehbuchpreis gewonnen hat, bleibt zumindest für meine Wenigkeit unverständlich. Die Stärke des Films liegt nämlich eindeutig nicht in der (Haupt)handlung. Diese ist eher lahm, bereits bekannt und gipfelt schließlich in einem absurden Ende, das dem Film in keinster Weise gerecht wird.
Einzig den Mut zur ungeschönten Darstellung des ländlichen Dorflebens und die herrlich pseudowissenschaftliche Wegbeschreibung nach Gliese 581 mittels solarer Gravitationsgasse stechen heraus.
Die eigentliche Stärke des Films liegt meiner Meinung in den Bildern: Wundervoll eindrückliche Landschaftseinstellung von wahrlich perfekter Komposition bieten einen echten visuellen Genuss und sind zugleich Kontrapunkt zur realen und damit durchaus hässlichen Charaktervisualisierung
Den cineastischen Höhepunkt bietet schließlich die wohl surrealste Sexszene der Filmgeschichte: Kein Akt und (fast) keine nackte Haut; stattdessen eine eindrückliche Sequenz halluzinationsgleicher Bildfetzen: genial!

Kann man sich alles in allem durchaus ansehen: 3.

Patrick

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
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29. März 2008

Unsere Erde (Nachtrag)

Category: Film — Dennis @ 14:08

Zu dem Film Unsere Erde, den ich schon vor ein paar Wochen gesehen habe, habe ich nichts geschrieben. Aus gutem Grund. Denn so wie Lu hätte ich das nicht schreiben können… Aber doppelt bis fünffach unterstrichen, das Ganze.
 Dennis

26. März 2008

Tödliche Entscheidung (Before the Devil Knows You’re Dead)

Category: Film,Sneak — Dennis @ 11:11

Before the Devil Knows You're Dead Ein Raunen ging durch das Kino, gefolgt von kurzem Gelächter, als sich der Saal verdunkelte, die Logos der Produktionsfirmen über die Leinwand flimmerten und schließlich Philip Seymour Hoffman (Oscar für Capote) und Marisa Tomei (auch nicht ganz unbekannt, wobei mir gerade partout nicht einfällt, woher) in einer äußerst expliziten (und sogar relativ langen) Sexszene zu sehen sind. Ein Publikum, das über eine Sexszene und das anschließende postkoitale Gespräch kichert und lacht… das versprach spannend zu werden.

Wurde es aber leider nicht. Tödliche Entscheidung (mal wieder ein toller deutscher Titel) erzählt die Geschichte von zwei Brüdern, die, um an Geld zu kommen, den Plan fassen, den Juwelierladen ihrer Eltern auszurauben. Der eine Bruder Andy (Capote) ersinnt den Plan, der andere Bruder Hank (Ethan Hawke) soll ihn ausführen, traut sich aber nicht, vertraut sich einem Kumpel an, der das Ganze kurzerhand übernimmt, bei dem Raubüberfall die Mutter von Andy und Hank anschießt und selbst getötet wird. Drumherum gibt es noch viel Familienzwist über verlorenes Vertrauen und fehlende Vaterliebe, Verhältnisse zwischen Hanks Frau Gina (Tomei) und Andy und ein paar Morde.

Das alles wäre ja noch latent spannend, wären da nicht die ständigen Wiederholungen des Ganzen. Regisseur Sidney Lumet (selbst schon über achtzig) litt wohl entweder an Alzheimer und vergaß ständig, was denn jetzt eigentlich passiert war, oder hatte Memento gesehen und gedacht “So wat mach icke ooch” (den hippen Berliner Dialekt inklusive). Es wird also viel zurück und nach vorn und durch die Gegend geblickt, was ja in Babel oder eben Memento noch ganz spannend ist, weil man immer mehr über die Charaktere und ihre Beziehung zueinander erfährt, hier aber eben wie vom Department of Redundancy Department for Redundancy entwickelt scheint, weil es eben nichts mehr zu erfahren gibt.

Ein paar kleine Überraschungen (Wer wird denn jetzt erschossen? Wer hat den Briefkasten eingeschlagen? Ohgottohgottohgott!) rechtfertigen leider keine beinahe zwei Stunden Film. Ein Teil meiner Mitsneaker vermutete schon, es ginge beim Dreh dieses Films nur darum, Marisa Tomei möglichst oft oben ohne zu zeigen, aber selbst das wirkt beim fünfzehnten Mal irgendwie nicht mehr soo spannend.

Übrig bleibt am Ende die Frage, warum Schauspieler wie der großartige Albert Finney (aus dem großartigen Big Fish) oder Rosemary Harris (eigentlich immer großartig) sich zu so einem langweiligen, aussagefreien Machwerk herabgelassen haben.

Sehenswert bleibt allein Philip Seymour Hoffmans wohl langsamster Ausraster der Filmgeschichte sowie Marisa Tomeis peinlichster Abgang aus der Kategorie “Was man falsch machen kann, wenn man seinen Mann verlassen und ihm die Affäre mit seinem Bruder gestehen will”. Komisch, durchaus, aber wohl leider unfreiwillig.

Somit also eine halbe von fünf Metal-CDs. Spart’s euch.

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 1,00 von 5)
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Die Herkunft des Titels
23. März 2008

Das Röntgen-Museum

Category: Kram,Kunst — Dennis @ 23:37

RöntgenStell’ dir vor, da ist ein Museum und keiner geht hin…

Gut, der typische Anfangs-Zwanziger hat in seiner Freizeit häufig besseres zu tun, als sich in Museen herumzutreiben; es locken Bars, Parties und die Einkommenssteuererklärung (so man nicht den Weg des Studierens gewählt hat - einen Vorteil hat das Ganze dann wohl doch). Doch wenn es einmal Nachmittag wird, man langsam aus dem Dämmerschlaf der vorherigen Nacht erwacht ist, das Wetter zwischen Schnee und T-Shirt-Eignung hin und her pendelt, dann kommt man manchmal auf Ideen.

[Warning: Lokalpatriotismus ahead] Ihr Gipsträger dieser Welt, ihr Autobesitzer, Gallensteingeplagten, Astronomen und Mumienfans: Ihr alle hättet wenig zu lachen, wäre vor etwas mehr als hundert Jahren ein wundersamer Herr aus dem von hier aus einen Steinwurf entfernten Lennep nicht auf die Idee gekommen, die Hand seiner Frau in eine Maschine zu stecken, die mindestens ebenso wunderlich war, wie er selbst…

Der Herr Röntgen (Wilhelm Conrad, wie ihn seine Freunde nannten) fand, richtig Kinder, die Röntgenstrahlen, die zunächst als Jahrmarktattraktion und sogar Mittel zur Verbrechensbekämpfung, ebenso (und heute ja auch noch) zu medizinischen, materialtechnischen und noch viel merkwürdigeren Zwecken genutzt wurde.

Genau diesem Herrn Röntgen hat man bereits vor diversen Jahren ein Museum gebaut; eines dieser üblichen 70er-Jahre-Museen mit ein paar Knöpfen, die ein paar Blinklichter ihre Arbeit tun lassen, aber drumherum mit ganz viel Text, etwas weniger Bildern und noch weniger Begeisterungsfähigkeit für kleine und große Entdecker. Seit einigen jahren ist man nun mit dem Umbau beschäftigt und mittlerweile ist der erste Teil abgeschlossen.

Das einst latent staubige Museumsflair wurde durchgehend durch Modernität ersetzt. An den Wänden hängen hippe Touchscreens, die dem Besucher die Informationen liefern, die er gerade haben möchte. In Röntgens Arbeitszimmer steht ein Schreibtisch, in dem neugierige Kinder auch schon mal die Rechnung vom Seifenhändler um die Ecke, unterschrieben von Röntgen persönlich, finden können. Alles ist anfass- und benutzbar, auch der Flipper, mit dem man Elektronen durch die Gegend schießen oder das Terminal, an dem man die Unterschiede zwischen Röntgenstrahlung und sichtbarem Licht anschaulich selbst ausprobieren kann.

Dazwischen gibt es viel, viel zu sehen, besonders natürlich Massen an Röntgenaufnahmen (eine Frau beim Schminken, eine Taschenuhr, eine Geige…) und Geschichten um ihre Entdeckung.

Noch ist das Ganze nicht fertig, der Rest des Umbaus soll erst 2009 beginnen. Schon jetzt lohnt sich aber ein (kostenloser!) Besuch, gerade für diejenigen, die eigentlich mit Museen nicht viel anfangen können.

(Und jetzt wartet nur, bis ich die Eindrücke aus dem Louvre in Paris von vor einigen Monaten verdaut habe…)

Dennis

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Die offizielle Website (leider latent informationsfrei)
Röntgen

Juno

Category: Film — Dennis @ 23:21

Juno Alles begann mit einem Sessel…

Auf dem machten es sich Juno MacGuff und ihr bester Kumpel Paulie Bleeker eines Abends bequem und heraus kam dabei ein kleines Problem, das sich innerhalb der nächsten neun Monate zu einem etwas größeren Problem auswachsen wird. Nachdem ihr Vater und ihre Stiefmutter den ersten Schock überwunden haben (“ich hatte gehofft, sie wäre von der Schule geflogen oder hätte Probleme mit Drogen, aber das…”), stellt man sich der Herausforderung. Juno, die beschlossen hat, das Kind zwar auszutragen, aber direkt zur Adoption freizugeben, findet schnell das perfekt scheinende Ehepaar Vanessa und Mark, die schon lange versuchen, Kinder zu bekommen. Doch was wird mit Bleeker? Eignen sich Vanessa und Mark wirklich als Eltern? Und wer hat blauen Slushie in die Urne von Junos Stiefmutter gekotzt? …

Ahem. Gut. Was ist also Juno? Irgendwie ist es ein ganz normaler Teenagerfilm mit ganz normalen (eigentlich äußerst seltsamen aber mit sechzehn ist ja ebendies normal) Teenagern. Juno wird im Laufe ihrer Schwangerschaft mit so Einigem konfrontiert - meistens jedoch mit Ablehnung. Auch sie selbst ist nicht besonders reif für ihr Alter oder bemerkenswert stark. Sie reagiert eben so, wie man es von einem pubertierenden Menschen erwartet.

Jason Reitman, Sohn des legendären Ghostbusters-Regisseurs Ivan Reitman, zeigt uns hier eben das ganz normale Leben, das sich so an jeder Straßenecke abspielt. Überall finden wir kleine Geschichten über die Cheerleaderin, die nebenbei auf Lehrer steht, den coolen Sportler, der doch insgeheim von den merkwürdigen Mädels träumt oder der introvertiere Kumpeltyp, in dem doch eben mehr als dies steckt.

Das alles wird zusammengehalten von der grandiosen Performance Ellen Pages. Sie füllt Juno mit so viel Leben, so vielen dummen Sprüchen, so viel Selbstsicherheit aber auch Zerbrechlichkeit, dass man ihr jeden Moment abnimmt. Zwar habe ich La Vie en Rose, für das Marion Cotillard den Oscar als beste Hauptdarstellerin bekommen hat, nicht gesehen, aber so viel besser als die Einundzwanzigjährige kann sie eigentlich nicht gewesen sein.

So muss sich Juno mit dem 2008er-Oscar für das beste Drehbuch zufrieden geben - vielleicht etwas überraschend anhand der großen, berühmten Konkurrenz, doch irgendwie auch wieder verdient. Allein die Fähigkeit, so viele kopfschüttelnerregende Sprüche in 96 Minuten Film zu packen, verdient eine Auszeichnung. Zitat gefällig?

Stiefmutter zur Ultraschalltechnikerin: Oh, you think you’re hot shit ‘cause you get to sit over there and play Pictionary, well guess what? My five year old daughter could do that and let me tell you, she’s not the brightest bulb in the tanning bed. So until you have your own kid, why don’t you just go back to nightschool in Mankato and get a real job.

Hehe. Rechts und links.

Zu alledem auch noch ein frickelig-prickelnder Indie-Soundtrack mit ganz vielen komischen unbekannten Bands…
auch hier wieder (ich fürchte, es wird bald wieder Zeit für einen richtigen Verriss - die letzten Filme waren einfach zu gut) eine Sehempfehlung. Vier von fünf Splattermovie-Videos für Juno.

Dennis

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Juno bei imdb
Ein paar Zitate aus dem Film
Ellen Page – im Auge behalten!
Jason Reitman bei imdb
Der Trailer

Definitely, Maybe

Category: Film,Sneak — Patrick @ 17:07

Definitely, MaybeWill Hayes hat’s eigentlich ganz gut; wenn man davon absieht, dass seine Frau gerade die Scheidung durchdrückt und seine Tochter Maya um jeden Preis wissen will, wie er denn Mama kennengelernt habe. Natürlich, denn sonst wäre der Film schon zu Ende, gibt Will nach und erzählt der kleinen Tochter sein Liebesleben inklusive aller Details:
Als da wären die obligatorische College-Liebelei, die neue Arbeitskollegin in der fernen Stadt New York und eine Journalistin, die eigentlich mit einem chaotisch-unkonventionellen Autor liiert ist. Wir (und Maya) erfahren, was Will (also Papa) wann, wo, mit wem, wie lange, usw. hatte. Maya hat die Sache schon durchblickt, wenn sie fragt, wie man denn eine männliche Nutte nenne; aber natürlich hat sie ihren Daddy trotzdem lieb. Der hat ja auch gar nichts schlimmes gemacht - außer vielleicht sein Liebesleben vor der eigenen Tochter auszubreiten…

Sicherlich hat der Film einige Lacher auf seiner Seite; insbesondere die Darstellung des Präsidentschaftswahlkampfs und der Politikerwelt sowie der genial exzentrische Schriftsteller (Kevin Kline) rufen ein herrlich ironisches Schmunzeln hervor. Davon abgesehen bietet der Film nicht mehr als eine lauwarme, kaum glaubhafte Geschichte.

Gerade so eben eine 3 und keinesfalls mehr als zweieinhalb von fünf Jane Eyre Büchern.

Patrick

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Definitely, Maybe bei IMDb
22. März 2008

Abgedreht

Category: Film,Sneak — Patrick @ 16:54

AbgedrehtAbgedreht ist ein urkomischer und liebenswerter Film über Träume, Menschlichkeit und das Medium Film.

Als Mr. Fletcher seine altertümliche Videothek, die im Zeitalter silberner Scheiben noch ganz auf die guten alten VHS-Bänder setzt, für kurze Zeit in die Hände von Mike (Mos Def) gibt, ist das Chaos schon vorprogrammiert. Das benachbarte Kraftwerk hat seinem Busenkumpel Jerry (Jack Black) nicht nur das Hirn (an)frittiert, sondern ihn auch durch und durch magnetisiert. Kaum betritt Jerry also die Videothek, ist’s auch schon geschehen: alle Bänder sind gelöscht.
Was tut man in einer solch ausweglosen Situation? Genau, es gibt nur eine Möglichkeit: Man dreht die Filme kurzehand neu. Und so entstehen Ghostbusters, Der König der Löwen, Robocop und unzählige weitere Streifen in liebevoll einfachen Hinterhofproduktionen neu. Sehr zur Freude der Kunden, bei denen diese “geschwedeten” Fassungen deutlich besser ankommen als die Orginale.
Und sie drehten glücklich weiter bis ans Ende ihrer Tage - natürlich nicht, denn die MPAA lässt entrüstet ob der schändlichen Copyright-Missachtung die ganze Produktion buchstäblich einstampfen. Doch für unsere “Helden” ist das noch lange kein Grund aufzugeben.

Dieser Film ist einfach nur wunderbar! Zwar kann man die Handlung getrost als seicht bis hirnverbrannt abschreiben, aber die Botschaft über Gefühl, Menschlichkeit und den Glauben an eine bessere Welt werden so warm und unaufdringlich präsentiert, dass es gar keiner komplexen Handlung bedarf. Obendrein ist der Film stimmig bis in die kleinen Details, deren es mehr gibt, als man beim ersten Sehen bemerkt.

Für mich ist dieser Film der Grund, warum ich jede Woche in die Sneak gehe - die Faszination der auf Zelluloid, Band oder Silberscheibe gebannten Bilder und Geschichten. Das Eintauchen in eine andere Welt beim Flackern von Fernseher oder Projektor. Es lebe der Film!

Wie gesagt: eine wundervolle 1- mit viereinhalb von fünf Nudelsieben (extra für Dennis).

Patrick

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Be Kind Rewind bei IMDb
16. März 2008

Horton Hears A Who – Horton hört ein Hu

Category: Film — Dennis @ 12:38

Horton Hears A Who - Horton hört ein Hu Horton ist ein Elefant wie jeder Andere. Er lebt im Dschungel von Nümpel, verbringt seine Tage am Liebsten damit, in Tümpeln zu schwimmen und ist ein netter und gutherziger Kerl.
Eines Tages jedoch (um genau zu sein am 15. Mai, um die Mittagszeit) hört Horton einen Hilferuf von einem Staubkorn. Auf diesem Staubkorn leben die winzig kleinen Hus in ihrer Stadt Huheim. Der Bürgermeister von Huheim schafft es schließlich, sich mit Horton zu verständigen und bittet ihn, einen sicheren Ort für die Hus zu finden…

Klingt merkwürdig? Ist es auch. Horton Hears A Who stammt ursprünglich von einem Kinderbuch des in den USA äußerst bekannten Theodor “Dr. Seuss” Geisel und wurde vom 20th Century Fox-Animationsteam verfilmt, das schon für Ice Age und Ice Age 2 verantwortlich war. Im Gegensatz zu den beiden Filmen hatte ich jedoch bei Horton durchaus meinen Spaß.

Zunächst die technischen Hintergründe: Die Animationen sind klasse, nicht wirklich auf Pixar-Niveau (wer hat den Wall-E-Trailer noch nicht gesehen?), aber mit einem eigenen Stil, der sehr gut zur Kinderbuchvergangenheit der Story passt. Der Soundtrack von John Powell, der mir bisher nur aus dem Shrek 1-Soundtrack wirklich in den Hirnwindungen hängen geblieben war, ist gut wenn auch nicht wirklich außergewöhnlich.

Wichtig bei Animationsfilmen sind natürlich die Sprecher. Im Original wird Horton von Jim Carrey gesprochen, der laut einigen Making-Ofs auch so einigen Einfluss auf die Story genommen hat. Im Deutschen übernimmt Christoph Maria “Stromberg” Herbst diese Rolle und macht seine Sache überraschend gut. Auch Anke Engelke als böses Känguruh passt sehr gut.

Horton Hears A Who steckt voller durchgeknallter Ideen und man merkt an jeder Ecke, wie viel Spaß die Autoren beim Schreiben des Drehbuchs gehabt haben müssen - Die Vorstellung von Welten, auf denen nur Ponies leben, die Regenbogen fressen und Schmetterlinge pupsen sei da nur als ein Beispiel genannt. Genau diese Verrücktheit ist es, die den Film sehenswert macht und - zumindest in meinen Augen - vom etwas flachen Ice Age abhebt.

Also, schnappt euch ein paar kleinere Kinder, Freunde, Familie oder wen ihr auch immer gerade findet, vergesst für einen Moment, dass ihr ja ganz groß und erwachsen seid und schaut euch Hortons Suche nach einem Platz für die Hus an.

2+ für einen wirklich, wirklich wahnsinnigen Film!

Dennis

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Horton bei imdb
John Powell bei imdb
15. März 2008

The Brave One – Die Fremde in dir

Category: Film — Dennis @ 18:33

The Brave One - Die Fremde in dir Erica und David leben zusammen mit ihrem Hund in einem kleinen Apartment in New York. Sie lieben sich, schmieden Heiratspläne, wählen die Farbe der Einladungen aus… bis sie an einem Abend mit ihrem Hund spazieren gehen und von drei Männern überfallen und brutal zusammengeschlagen werden. Erica überlebt schwer verletzt und nachdem sie aus dem Koma aufwacht, erfährt sie, dass ihr Verlobter getötet wurde. Sie kehrt aus dem Krankenhaus zurück in die Stadt, die sie zuvor so liebevoll in ihrer grandios poetischen Radiokolumne beschrieben hat und vor der sie sich nun so fürchtet.
Aus Angst tut sie das, was so viele Menschen in dieser Situation tun: Sie flüchtet sich in scheinbare Sicherheiten, zunächst in ihre Wohnung, dann in einen Waffenladen. Als sie dann in einem kleinen Laden miterlebt, wie ein Mann seine Freundin erschießt, handelt sie in Notwehr und erschießt wiederum ihn und flüchtet.
Während einer U-Bahn-Fahrt am nächsten Tag erlebt sie, wie zwei Jugendliche die anderen Fahrgäste belästigen, bestehlen und schließlich aus dem Zug vergraulen. Als sie sich ihr mit eindeutigen Absichten nähern, erschießt sie auch diese beiden…

Die Fremde in dir ist ein sehr, sehr schwieriger Film. Jodie Foster, für die ich schon immer eine kleine Schwäche habe, macht ihre Sache so verdammt gut, dass man ihr die Angst, die langsam aber sicher in Wut umschlägt, sofort abkauft. Auch ihre Selbstzweifel, die Furcht vor dem, was da mit ihr passiert, wirken keinen Moment unecht oder gekünstelt. Und als sie schließlich beinahe nach gefährlichen Situationen zu suchen scheint, in denen sie selbst Gerechtigkeit ausüben kann, dann wirkt sie wie der schrecklichste Racheengel, der je auf Kinoleinwänden gewandelt ist.

Der Film nimmt den ihn Sehenden mit, er ist anstrengend, schmerzhaft und wirft mich immer wieder wie von Frau Gröner (siehe Links weiter unten) schon so schön beschrieben zwischen zwei Extremen hin und her: Der gesetzestreue Bürger in mir ist natürlich immer empört, wenn Erica Menschen umbringt, aber die rachelüsternen Urinstinkte werfen oft ein “Aber verdient haben sie’s doch” dazwischen…

Schaut euch Die Fremde in dir an - aber nicht allein. Wenn ihr euch auch nur ein kleines bisschen auf den Film einlasst, werdet ihr nach dem (zugegebenermaßen etwas merkwürdigen) Ende mit jemandem darüber reden wollen.

Trotz inhaltlicher Schwächen eine verdiente 2 und sei sie nur für Jodie Foster.

Dennis

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Rezension bei Frau Gröner
The Brave One bei imdb