24. März 2010

New Super Mario Bros. Wii

Category: Games — Terje @ 19:48

Es mag merkwürdig anmuten, dass ein gestandener Nintendo-Fan wie ich es bin ein dermaßen prominentes Videospiel erst einmal 8 Wochen sacken lassen muss, bevor es ihm möglich ist, es auf unserer netten Sneakcast-Seite zu rezensieren. Sicherlich würde es mir nicht schwer fallen, allerhand Vergleiche zu früheren Mario-Jump & Runs heranzuziehen, die übliche Leier von der perfekten Steuerung und dem ausgeklügelten Leveldesign herunterzubeten, am Ende eine Wertung zwischen 4 und 5 Powersternen herausspringen zu lassen und jedem Sneakcast-Leser ein bestätigendes Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
Ich habe mich dagegen entschieden!
New Super Mario Bros. Wii ist der im November 2009 erschienene direkte Nachfolger zum Nintendo DS-Knaller New Super Mario Bros. von 2006 und damit wären wir auch schon direkt beim Problem. Die Spiele sind nahezu identisch!!! Ohne die abgedroschene Übertreibungs-Keule herauszuholen, kann man sagen, dass NSMB Wii seinem Vorgänger gleicht wie ein Ei dem anderen. Es gibt die gleiche Anzahl an Welten (8), jede Welt beinhaltet 2 Schlösser, es gilt in jedem Level 3 Goldmünzen zu sammeln, mit denen nachträglich neue Levels freigeschaltet werden können. Alles kalter Kaffee! Zudem atmet das Spiel den unweigerlichen Retro-Charme, welcher den Vorgänger in höchste Wertungsregionen katapultierte. Allerdings entwickelt sich hier eine Rückbesinnung auf die Vergangenheit zum Beinbruch. Hieß es es in der Presse früher (2006): “Wow, eine moderne und frische Neuinterpretation des NES-Klassikers!”, so blieb (zumindest in meinen Augen) von dieser Entzückung im Jahr 2009 nicht mehr viel übrig. Zwar konnte das Spiel in der Fachpresse gute Kritiken einheimsen, aber es wurde auch heftig kritisiert. Es ist das erste Mario-Spiel, bei dem Nintendo sich die Kritik gefallen lassen muss, ihr größtes, wichtigstes und beliebtestes Franchise zu melken wie eine eierlegende Wollmilchsau. Und diese Kritik kommt hier auf Sneakcast wohlbemerkt von einem großen Bewunderer, welcher Super Mario World, Super Mario 64 und Galaxy zu den besten Spielen, die je geschaffen wurden, zählt. Im Vergleich zu diesen unvergesslichen Meisterwerken fühlt sich New Super Mario Bros. Wii einfach altbacken an. So als hätten die Entwickler diesmal den Schuss nicht gehört!
Aber wenn man von dieser berechtigten Kritik einmal absieht und hinnimmt dass es diesmal “Aus Japan nichts Neues” gibt, dann weiß das neueste Mario-Spiel durchaus zu gefallen. Die eingangs erwähnte Steuerung ist (mal wieder) brilliant und gewährt dem Spieler, der die Wiimote seitlich wie ein NES-Pad in der Hand hält, die nahezu optimale Kontrolle über den Star-Klempner. Die Steuerung ist auch dafür verantwortlich, dass nie unfair Situationen der Marke “Ich hab doch gedrückt, wieso ist der nicht gesprungen?” enstehen. Das Spiel ist zu keinem Zeitpunkt unfair, aber dafür auch nicht besonders fordernd. Ich als alter Mario-Hase habe das Spiel in einer Woche durchgespielt ohne von morgens bis abends vor der Konsole zu hängen. Dies liegt aber auch daran, dass das Leveldesign immer wieder zu begeistern weiß, sich jedoch ein Abwechslungsreichtum à la 64 und Galaxy nicht einzustellen vermag. So bleibt am Ende ein zwiespältiger Eindruck zurück, der den Spieler einerseits nach mehr verlangen lässt (Es hat Spaß gemacht!) und andererseits eine leichte Enttäuschung hinterlässt (Habe ich zweimal dasselbe Spiel gespielt?). Aus diesem Grund ringe ich mich zu einer positiven Abschlusswertung durch, die man als “altbacken, aber spaßig” zusammenfassen könnte. Der Multiplayer ist von dieser Bewertung ausgenommen, da ich ihn noch nicht testen konnte.
7/10 (und damit weit unter Mario-Durchschnitt)
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)

Heavy Rain

Category: Games — Dennis @ 10:47

Heavy Rain How far are you prepared to go to save someone you love? Unter diesem Motto steht das neue Spiel von Quantic Dream, Heavy Rain. Viel ist in den vergangenen Wochen über dieses Spiel geredet und geschrieben worden und auch ich möchte jetzt, da das erste Durchspielen schon ein paar Tage her ist, ein paar Worte dazu verlieren.

Zunächst: Warum sollte man überhaupt über Heavy Rain reden? Was macht das Spiel so besonders? Nun ja, in erster Linie, dass es sich nicht anfühlt, wie ein Spiel. Gibt es sonst eine (mehr oder weniger starke) Trennung zwischen den Szenen, in denen der Spieler die Kontrolle über die Figur übernimmt und den Szenen, in denen er nur unbeteiligter Zuschauer ist, wirkt hier das gesamte Spiel wie eine einzige Cutscene, auf die wir als Spieler jedoch Einfluss nehmen können. Jede Entscheidung, so lernen wir relativ schnell, hat ihre Folgen und sorgt dafür, dass sich der spätere Spielverlauf teils entscheidend ändert. Selbst der Tod eines Charakters führt nicht zum sonst unvermeidlichen Game Over, sondern führt die Geschichte in einer anderen Richtung fort.

Apropros Geschichte: Heavy Rain hat davon einiges zu bieten. Hier der Kurzabriss der Teile der Story, die wohl für alle Spieler gleich sein werden: Ethan Mars, glücklich verheirateter Vater von zwei Kindern, verliert einen seiner Söhne bei einem Autounfall, seine Ehe scheitert und er leidet unter heftigen Blackouts. Als sein zweiter Sohn vom so genannten Origami-Killer entführt wird, stellt sich auch ihm die eingangs schon gestellte Frage: Wie weit wird er gehen, um seinen Sohn zu retten?
Doch wir sind als Ethan nicht allein unterwegs. Wir treffen Madison Paige, die Ethan als wandelnde Krankenschwester immer wieder zusammenflickt, Scott Shelby, den bärbeißigen aber liebenswerten Ex-Cop, der nun als Privatdetektiv ebenfalls nach dem Origami-Killer fahndet und den FBI-Agenten Norman Jayden, der, ebenfalls auf diesen Fall angesetzt, sich mit der örtlichen Polizei herumschlagen muss.

Mehr soll hier nicht verraten werden, nicht nur, weil die Story, die sich entfaltet, so unglaublich gut erzählt ist, dass ich euch hier nicht den Spaß verderben will, sondern auch, weil es die Story überhaupt nicht gibt. Es gibt so viele Entscheidungsmöglichkeiten und Wendepunkte, dass vermutlich kaum zwei Spieler das selbe Spiel spielen werden.

Aber nun zum Spiel selbst: Für Heavy Rain wird häufig der ominöse Begriff interaktiver Film verwendet, der in den neunzigern wegen scheußlich schlechter Umsetzungen eher als Schimpfwort galt. Hier ist er jedoch mehr als gerechtfertigt. Zum einen ist die Inszenierung so cineastisch, dass sie den Vergleich mit Hollywood-Thrillern wie Sieben oder Saw nicht zu scheuen braucht. Zum anderen basiert die Steuerung nicht auf dem bekannten “drück X zum Springen”-Prinzip, sondern setzt auf so genannte “quick time events”. Hier erscheinen, wenn der Charakter etwas tun kann, Symbole auf dem Bildschirm. Entweder muss der Spieler nun Tasten drücken oder eine abstrahierte Bewegung mit den Analog-Sticks ausführen. Gerade in Gesprächen mit anderen Charakteren entfaltet diese Technik ihr volles Potential: Hier schwirren die einzelnen Gesprächsoptionen meist ruhig, wenn der Charakter aufgeregt ist aber auch zitternd, über den Bildschirm. Der Spieler hat nun – wie in einem wirklichen Gespräch ja auch – nur eine bestimmte Zeit, den Verlauf des Gespräches zu beeinflussen.

Man merkt Heavy Rain durchaus an, dass Quantic Dream mit Fahrenheit (in den USA Indigo Prophecy) vor einigen Jahren schon Erfahrung im Genre gesammelt haben. Damals teils noch etwas unbeholfen, setzten sie dort aber schon Erzähltechniken wie Split-Screens oder gezielte Kamerafahrten ein, um die Spannung zu erhöhen. Dies wird nun bei Heavy Rain perfektioniert und sorgt zusammen mit der Story, die glücklicherweise nicht in irgendwelche abstrusen Mystery-Phänomene abdriftet, zu einem großartigen Spielerlebnis. Hat man dann den Abspann vor sich, stellt man sich unwillkürlich die Frage: Was wäre denn gewesen, wenn ich diese Sequenz anders gespielt hätte? Wäre mein Charakter dann noch am Leben? Hätte ich den Killer vielleicht doch gefunden? Und schon geht es in die nächste Runde…

Heavy Rain ist ein Brocken, der – abgesehen von einigen kleinen Patzern – Bombast-Grafik fürs Auge und eine Bombast-Story fürs Hirn bietet. Angekündigt ist auch die Lieblings-Cash-Cow der Spieleindustrie: Downloadable Content, in dem ihr die Vorgeschichte der einzelnen Charaktere erleben und spielen könnt. Ob sich das lohnt, müsst ihr selbst wissen.

Ich jedenfalls bin von Heavy Rain begeistert wie von kaum einem anderen Spiel in den letzten Jahren. Fünf von fünf Origami-Figuren. Top!

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 4,50 von 5)
Links zum Beitrag:
Die offizielle Seite
Games und so Game Club: Heavy Rain
Ein zweieinhalbstündiger Podcast zu Heavy Rain. Achtung: Größte Spoilergefahr!
Trailer zum Spiel
23. März 2010

Grand Theft Auto IV (PC)

Category: Games — Terje @ 18:48

Vor circa zwei Monaten beendete ich ein großartiges Videospiel. Grand Theft Auto IV, welches im April 2008 für PlayStation 3 und Xbox 360 und im Dezember 2008 für den PC erschien, das ist ein weltbewegender Meilenstein der Videospielgeschichte. Die folgende Rezension wird versuchen, die Gründe dafür zu umreißen.
Die Geschichte des Spiels stellt den Protagonist Niko Bellic in den Mittelpunkt, welcher anfangs in Liberty City (einer veränderten Nachbildung New Yorks) ankommt und fortan auf der Suche nach dem amerikanischen Traum ist. Hierzu muss er, wie in den vorigen GTA-Teilen, verschiedene Aufträge erfüllen und sich in der Hierarchie des organisierten Verbrechens nach oben arbeiten. Diese klassische Prämisse (sie unterscheidet sich kaum von der des 2001 erschienenen GTA III) nutzt das Spiels aber auf solch kongeniale Art und Weise, dass der Spieler unweigerlich in eine andere Welt gesogen wird. Dies hängt mit drei Hauptfaktoren zusammen:

1. Realismus:
Alle vorangegangenen Teile der Spielereihe (hier sei besonders auf GTA III, Vice City und San Andreas verwiesen) zeichneten sich durch einen einheitlichen Grafikstil aus, welcher die Akteure zwar menschenhaft, jedoch comichaft-satirisch-überspitzt in Szene setzte. GTA IV ist natürlich auch satirisch-überspitzt angelegt. Bei den Synchronstimmen ist Pathos und Overacting an der Tagesordnung und auch sonst geizt das Spiel nicht mit Selbstironie. Allerdings läutet GTA IV eine neue Ära in der Geschichte des Franchises ein, da auf eine comichafte Darstellung von Charakteren und Spielewelt zugunsten einer photorealistischen Darstellung verzichtet wurde. Diese Entscheidung der Gamedesigner äußert sich jedoch nicht nur während den (phänomenalen) Zwischensequenzen. Der Grad des Realismus ist in der gesamten Spielverlauf integriert und bestimmt (nahezu) alles. Autos lassen sich nicht mehr, ohne zu bremsen, um 90-Grad-Kurven steuern. Der Protagonist stirbt sehr schnell, wenn er sich mit der Polizei anlegt. Die Kleidung der Hauptfigur ist nass, nachdem er im Wasser war. Explosionen erzeugen realistischen Rauchentwicklung. Es gibt Momente, da erwischt einen der neuartige Realismus eiskalt, so zum Beispiel wenn Nico Bellic mit Vollgas gegen ein Hindernis fährt und folgerichtig durch die Frontscheibe auf die Straße geschleudert wird. Diese Momente kommen einem Erwachen aus der Traumwelt der PS2-GTAs gleich, in welchen andere Elemente den Spielalltag bestimmten. Die Eingewöhnungszeit (gerade im Bezug auf die neuartige Fahrzeugsteuerung) verlangt dem Spieler einiges ab, jedoch wird man mehr als entsprechend belohnt und wer sich einmal auf diesen neuen Realismus einlässt, der will nie wieder zurück.

2. Spielewelt:
Un-glaub-lich! Das ist die prägnante Zusammenfassung der ersten (nicht auftragsgebundenen) Spielminuten. Wenn man die Straße vor Nikos erstem Unterschlupf betritt und den „Bewohnern“ von Liberty City bei ihren alltäglichen Aktivitäten einfach nur zuschaut, dabei kann schon so manche Spielstunde draufgehen. Passanten tragen Einkaufstaschen umher, telefonieren mit ihren Handys oder begehen Verbrechen. Diese Verbrechen werden, genau wie die des Spielers, von der Polizei geahndet. So rückt auf einmal eine Streife an und der Spieler denkt: „Die sind hinter mir her.“ Stattdessen wird man unmittelbarer Zeuge einer Verhaftung, inklusive Megaphon-Ansage, Drohung und Abführung. Hier bricht der zuvor beschriebene Realismusgrad herein, welcher die ganze Spielewelt determiniert. Zudem weiß das Spiel mit vielen liebevollen Details, wie einem graphisch eindrucksvollen Tag- und Nachtwechsel (diese Sonnenaufgänge!!!) oder einer intakten Straßenreinigung zu begeistern. Man hat einfach zwischenzeitlich das Gefühl, diese Stadt existiert wirklich.

3. Missionen/Gameplay:
Der Realismus und die Spielewelt für sich allein genommen würden jedoch keinen gestandenen GTA-Fan hinter dem Ofen hervorlocken, wenn es nicht eine gigantische Fülle an Aufträgen in dieser Welt zu erledigen gäbe. Im Singleplayer-Modus ergibt sich allein durch diese Aufträge eine Spielzeit von 40 Stunden, was sich durch aus mit dem direkten Vorgänger (San Andreas, 2004) messen kann. Besonders gut ist diesmal die Integration der Aufträge in die Geschichte des Spiels gelungen, sodass etwa 80% der Missionen im direkten Zusammenhang mit der Haupthandlung stehen, während die restlichen eher als Nebenmissionen gelten können. Man spielt das Spiel quasi in Abschnitten. Mal holt man sich Aufträge von Auftraggebern ab, zu anderen Zeitpunkten wird man auf dem Handy angerufen und eine Mission beginnt direkt. Diese unvermittelten Missionen haben oft Event-Charakter und machen dementsprechend besonders viel Spaß. Neben diesen Event-Missionen gibt es natürlich auch das GTA-typische „Füllmaterial“, welches sich aber in erfreulichen Grenzen hält. Im Bezug auf die Missionen ist auch die einzige nennenswerte Schwäche des Spiels zu nennen: Scheitert man bei einer Mission hat man zwar die Möglichkeit, sie per Handy direkt von vorn zu beginnen, allerdings muss man immer wieder dieselbe Fahrstrecke zurücklegen um an den Ort des Geschehens zu gelangen. Dies ist gerade bei späteren Missionen, die zum Teil 5-10-minütige Fahrstrecken durch die gesamte Stadt vom Spieler verlangen, ein wahres Ärgernis. Dieser Frust fällt allerdings nicht so stark ins Gewicht, wenn man eine der Highlight-Missionen spielt und diese erfolgreich abschließt. Beste Beispiele sind hier: Der Banküberfall und die letzte Mission. Diese Highlight-Missionen sind Beispiele davon, wie nah GTA IV in seinen besten Momenten an das perfekte Spielerlebnis heranreicht. Diese Highlights sorgen auch dafür, dass die Motivationskurve (trotz langer Spieldauer) nie abflacht und man immer wissen will, wie es weitergeht.

Um es auf den Punkt zu bringen: GTA IV, das ist ein phänomenales Ereignis digitaler Unterhaltung. Es hat im vergangenen Jahrzehnt lediglich zwei Spiele gegeben, die der Genialität und der Spieltiefe dieses Meisterstücks ebenbürtig sind: Resident Evil 4 (2005) und The Legend of Zelda: Twilight Princess (2006). Diese drei Titel markieren die Speerspitze der Unterhaltungsgattung Videospiel. Die Tatsache, dass sich GTA IV ganz oben einreihen darf spricht auch dafür, dass die Serie (nach vergangenen Erfolgen) nun auch einen festen Platz im Kanon der Next-Gen-Konsolen innehat. Man darf auf der nächsten Teil der Serie mehr als gespannt sein!

10/10

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (3 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)

Links zum Beitrag:
Englischsprachige Rezension bei IGN UK
23. Oktober 2009

Batman: Arkham Asylum (PC)

Category: Games — Terje @ 0:56

Die Welt der Comics bietet so unglaublich viel Stoff und Hollywood hat sich gerade im letzten Jahrzehnt so sehr darüber hergemacht, dass teilweise die Schmerzgrenze überschritten wurde. Anders kann man unerträgliche Filmblamagen wie Superman Returns oder Ghost Rider einfach nicht beschreiben. Abgrundtief beschissener Zelluloid-Müll, der dem Anspruch keines Kinogängers gerecht wird. Warum beginne ich die Rezension zu Batman: Arkham Asylum mit dieser Anekdote? Weil auch Videospiele, die auf Lizenzen beruhen seit ihren ersten Gehversuchen unter einem dermaßen auffälligen Qualitätsproblem leiden. Bis heute!

Batman: Arkham Asylum, dieses Spiel könnte synonym für einen Paradigmenwechsel der Spieleindustrie stehen. Der Wechsel von hingerotzten, halbfertig programmierten Software-Gurken hin zu graziösen, anmutigen Perlen, welche dem anspruchsvollen Spieler stundenlang mit Verzückung an den PC (bzw. die NextGen-Konsole) fesseln. Warum ich so ausschweife, bevor ich zum Grund für die Begeisterung komme? Weil ich es unglaublich genieße, dass ein groß angekündigtes Action-Adventure, welches mit Vorschusslorbeeren geradezu überschüttet wurde, endlich einmal eine Überraschung darstellt: Es übertrifft die Erwartungen.

Mir war im Prinzip schon vorher klar, dass Batman: AA kein 0815-Titel werden konnte, da ich mir vor dem Kauf schon viele Gameplay-Videos angeschaut, die einschlägigen Reviews studiert und mich mit der Hintergrundgeschichte vertraut gemacht hatte. Aber was die Entwickler aus dieser Ausgangssituation herausgeholt haben, das ist schlicht und ergreifend atemberaubend. Als der Joker in die Irrenanstalt auf Arkham Island eingeliefert wird, gelingt es ihm sich zu befreien und schon bald die Kontrolle über die Einrichtung zu gewinnen. Das hat zur Folge, dass alsbald die ganze Insel mit Schurken und Bösewichten bevölkert wird. Dabei trifft Batman, in dessen Rolle der Spieler schlüpft, auch auf einige alte Bekannte (Scarecrow, Harley Quinn, Poison Ivy um nur einige zu nennen). Dabei ist die Insel in mehrere großen Abschnitte aufgeteilt, welche eine frei begehbare Oberwelt darstellen. Von hier aus macht sich der Dunkle Ritter zu seinen jeweiligen Missionszielen auf. Eine Karte, welche den aktuellen Zielpunkt anzeigt sorgt für die problemlose Orientierung, sodass sich selbst ungeübte Spieler zurecht findet sollten. Doch was hebt das Spiel von der Masse der Superhelden-Spiele ab? Ich greife einfach drei Sachen heraus, die mich besonders überzeugt haben:

Das Kampfsystem: In vergangenen Spielen sind Nahkämpfe immer wieder zum stupiden Tastendrücken verkommen. Batman: AA wählt hierbei einen anderen Weg: Das FreeFlow-Combat-System. Dies sorgt dafür, dass Timing während der Kämpfe eine entscheidende Rolle spielt. Es basiert auf der Tatsache, dass der Spieler, wenn er es mit mehreren Gegnern gleichzeitig aufnimmt, nahezu jeden Angriff kontern kann und mit etwas Übung die Oberhand behält. Gegen größere, übermächtige Gegner ist natürlich eine andere Taktik gefragt. Dabei sind die Kämpfe mit Zeitlupeneffekten und Naheaufnahmen so wuchtig inszeniert, dass einem selbst nach Stunden noch die Spucke wegbleibt. Besonders toll: Die Lebensenergie geht während des Kampfes zur Neige, füllt sich aber (nach der Anzahl der Kombos und Special Moves) nach Ende des Kampfes wieder auf, sodass man für die nächste Begegnung gewappnet ist. Das spart unglaublich viel Frust.

Die Gadgets: Was wäre Batman ohne seine Ausrüstung? Richtig, Robin. Deshalb ist es auch so super, dass man im Spiel auf eine Vielzahl toller Gegenstände zurückgreifen kann, welche sogar modifiziert werden können. Da wären zum Beispiel der Batarang, der Enterhaken, die Batclaw, das Cape und das Explodierende Spray (zum Einreißen von Wänden). Die Gadgets sind dabei galant in das Spiel integriert und keines scheint wirklich überflüssig zu sein.

Die (audio)visuelle Präsentation: Das Spiel ist eine Augenweide. Die Hauptfigur ist dermaßen detailgetreu animiert, dass man es zunächst kaum glaubt. Schreitet das Abenteuer fort, entdeckt der Spieler Risse im Bat-Anzug und Wunden im Gesicht des Helden. Das versprüht einen angenehmen Realismus, der das Batman-Universum ja immer in gewissen Weise begleitet. Die Batmans Kontrahenten wurde alle so detailverliebt umgesetzt, dass man bei jeder neu auftauchenden Figur ins Staunen gerät. Die Sprachausgabe (ich hab es auf englisch gespielt) ist phänomenal und Mark Hamill (dürfte jedem als Luke Skywalker ein Begriff sein) als Joker spielt dabei noch alle an die Wand. Seine Synchronleistung in diesem Spiel (eine Zugabe seiner Rolle in der Fernsehserie Batman: The Animated Series) stellt alles dagewesene in den Schatten und liefert nach Ledger’s letztjähriger, postmoderner Jokerinterpretation wieder gute, altbekannte und verdammt unberechenbare Batman-Kost.

Alles in allem ist den Entwicklen von Rocksteady Studios mit Batman: Arkham Asylum ein ganz großer Wurf gelungen, welcher mit Sicherheit noch lange als Referenztitel im Bereich der Comic-Videospiele gelten wird. Nicht umsonst wurde das Spiel kürzlich ins  Guinessbuch der Rekorde aufgenommen. Als “Most Critically Acclaimed Superhero Game”. Dem kann ich mich nur anschließen und eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. Wertung: 9/10
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)

Links zum Beitrag:
IGN UK Review (englisch)
"Behold the greatest comic book game of all time."
Batman: AA in der Wikipedia (englisch)
Ein paar mehr Infos
Der Joker-Trailer bei YouTube
"Now let's get this party started!"
Artikel von Spiegel-Online
13. Juni 2008

Okami (Wii)

Category: Games,Kunst — Dennis @ 23:38

Okami (Wii) Oh oh, es riecht nach Blasphemie in diesen heiligen Sneakcast-Hallen: Dennis bespricht ein Videospiel. Naja, nicht irgendein Videospiel…
Wie die Kategorie dieses Artikels etwas kontrovers andeutet ist Okami ein Kunstwerk – und was für eins. Zwar gibt es das Ganze schon seit mehr als einem Jahr für die Playstation 2, seit heute ist das Spiel aber auch für die Wii (die, meiner bescheidenen Meinung nach, einzig innovative Konsole) verfügbar. Doch, was ist Okami?
Okami ist zunächst einmal ein japanischer Ausdruck für Wolf und damit sind wir direkt dabei: Ihr spielt Amaterasu, die Wiedergeburt von Shiranui, einer auf die Erde (genauer gesagt in das klassische Japan) gekommenen Manifestation eines Sonnengottes. Dieser hat vor hundert Jahren zusammen mit dem Helden Nagi den Dämon Orochi besiegt und in eine bewachte Höhle verbannt. Doch wie man das so kennt, hält keine Verbannung für immer und so wird auch Orochi befreit und bringt wieder Unheil über die Welt. Somit ist es an Amaterasu (und dem Sidekick Issun), Orochi zu bändigen und die Welt zu retten.

Das alles ist nicht wirklich außergewöhnlich und obwohl die Story von Okami ganze Bände füllen könnte (allein die ersten zwanzig Minuten des Spiels verbringt man mit der Einführung in die hier kurz umrissene Geschichte, bevor man den Controller überhaupt in die Hand nehmen kann), hat man auch Geschichten in diesem Umfang bereits gesehen. Was Okami anders macht, fällt aber eigentlich direkt nach dem Einlegen der DVD auf: Der Stil des Spiels - und so kommen wir wieder zum Thema Kunst zurück.

Okami ist wie ein Gemälde aus den feudalen Zeiten Japans. Amaterasu läuft durch eine Welt, die - je nach Fortschritt des Spielers - entweder aus düsteren, bedrohlichen Grün- und Brauntönen oder aus überschwänglichen Farben samt fallender Blütenblätter und Wind in den Bäumen besteht; selbst die Zwischensequenzen haben die körnige Textur von feinem Papier im Hintergrund und wirken wie gemalt.

Das Highlight des Spiels hat genau mit dieser Idee zu tun: Jederzeit hat der Spieler die Möglichkeit, das Geschehen anzuhalte und als Gemälde zu betrachten. Mit der Wiimote (der Wii-Fernbedienung) lassen sich nun Pinselstriche auf dem Papier führen, die dann, nach Fortsetzen des Spiels, ihre Wirkung entfalten. Je nach Malgeschwindigkeit und Abstand zum Fernseher entstehen dünne oder dicke Linien, die unterschiedliche Auswirkungen haben. Natürlich gibt es hier die obligatorischen destruktiven Zeichen (ja, auch die von allen Zelda-Spielern geliebte Bombe ist dabei), aber auch beispielsweise eine Geste, um Bäume wieder zum Blühen zu bringen, Seerosenblätter auf dem Wasser erscheinen zu lassen oder komplette Gegenstände aus dem Nichts zu erschaffen.
Auch wenn das hier sehr umständlich und theoretisch klingt: Das Ganze ist sehr gut in das Spielgeschehen integriert und wenn man sich erst einmal an die Steuerung und Tastenbelegung gewöhnt hat, geht einem der Wechsel zwischen den Modi leicht von der Hand.

Ungewöhnlich dabei: Okami nimmt sich trotz der durchaus ernsten Storyline selbst nicht ganz so wichtig. Hier schläft ein Charakter während eines längeren Monologes seines Gegenübers schon einmal ein und muss erst wieder aufgeweckt werden, bevor es in der Story weitergehen kann. Glück (eine Art Erfahrungspunkte für alle Rollenspieler) gibt es nicht nur durch das Lösen von Aufgaben oder Besiegen von Gegnern, sondern auch für das Füttern von diversen Waldtieren, die alle ihre eigenen kulinarischen Vorlieben haben.

Wirklich beurteilen kann ich Okami natürlich noch nicht - ich habe gerade einmal die ersten fünf Stunden Spielzeit hinter mir und habe damit gerade einmal an der Oberfläche gekratzt. Trotzdem zieht mich das Ganze wie schon seit Jahren kein Spiel mehr in seinen Bann.
Natürlich gibt es auch ein paar kleine Kritikpunkte (die zeitweise unpraktische Kameraführung zum Beispiel), aber alles in Allem überwiegt das Gefühl, hier ein Stückchen Software in der Hand zu halten, das endlich einmal wieder mit Liebe zum Detail, Herzblut und sehr, sehr viel Zeit entwickelt wurde.

Und was ist Kunst eigentlich anderes?

Fünf von fünf Pinselstrichen für Okami. Skeptiker sollten sich das Gameplay-Video ansehen oder das Spiel wenn möglich einmal antesten. Wer nach der ersten halben Stunde nicht gefesselt ist, der darf dann gerne wieder ins Museum gehen, um Werke der klassischen Postmoderne unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Veränderungen durch die Einführung der elektrischen Schreibmaschine zu besichtigen. Denn Kunst ist ja schließlich glücklicherweise Ansichtssache.

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Okami-Gameplay-Video bei youtube
Die offizielle Okami-Website