16. Juli 2008

Happy-Go-Lucky

Category: Film,Sneak — Anne @ 0:41

Happy-Go-Lucky

Happy-Go-Lucky ist ein Charakterfilm, der ganz wesentlich von der guten Leistung der Hauptdarstellerin Sally Hawkins lebt. Sally Hawkins hat auch in dem neuen Woody-Allen-Film Kassandras Traum mitgespielt (der hier eigentlich einmal von jemandem, der ihn gesehen hat, rezensiert werden könnte) und gehört außerdem zu der elitären Gruppe der Darsteller aus Jane-Austen-Verfilmungen. Allein dadurch hat sie bei mir schon einen dicken Stein im Brett (ja, ich oute mich hier), und auch in Happy-Go-Lucky kann Hawkins überzeugen. Der Rest des Films allerdings weniger.

Hauptfigur ist Pauline (Hawkins), die von allen Poppy genannt wird. Poppys Anliegen ist es, die Menschen zum Lachen zu bringen und Freude zu bereiten. Sie geht auf jeden strahlend zu und versucht, in jeder Situation Spaß am Leben zu finden. Dies unterstreicht sie durch bunte und auffällige Kleidung. Bei ihrem Job als Grundschullehrerin stört das auch niemanden - ihren Fahrlehrer Scott (Eddie Marsan) dagegen sehr. Inhaltlich zeigt der Film nur Alltagsszenen, in denen jeder sein eigenes Leben mehr oder weniger wiedererkennen kann. Besonders die Fahrstunden bieten diesen Wiedererkennungseffekt, auch wenn sie auf der “wrong side of the road” stattfinden.

Die Art und Weise, wie Poppy ihren Alltag meistert, ist dagegen, gelinde gesagt, anstrengend. Sie hat offenbar auch von dem Grundsatz gehört, man solle lachen, wenn man nicht mehr weiter wisse, und hat das Prinzip beherzigt. Dabei scheint sie kein Gespür dafür zu haben, wann gute Laune angebracht ist und wann nicht. Das zeigt schon die erste Szene des Films, und bei der Konversation mit ihrem Fahrlehrer Scott wird immer deutlicher, dass krampfhaft aufgesetzte gute Laune nichts hilft. In einigen Szenen sieht man, dass Poppy auch ernst sein kann und dass unter ihrer bunten Schale ein verlässlicher Mensch steckt. Die nach außen zur Schau gestellte Fröhlichkeit ist nur ein Panzer gegen die Tristesse des Alltags.

So habe zumindest ich es verstanden. Man verlässt das Kino allerdings mit einem mulmigen Gefühl - das Leben ist kein Schlaraffenland, und man kann sich noch so sehr bemühen, zur guten Fee zu werden, es wird nicht klappen. Ein Zauberstab, der alles in Wohlgefallen auflöst, wäre von Nöten, und den gibt es nicht.

Ich kann nicht verhehlen, dass der Film mich ratlos gemacht hat. Poppy ist Anhänger einer optimistischen bunten Lebenseinstellung, einer Happy-Go-Lucky-Philosophie (Sorglosigkeit). Will der Film nun dazu raten? Oder plädiert er dafür, dass Ernsthaftigkeit andere Menschen glücklicher macht? Soll er nur ein Lebensbild darstellen, ohne Aussage? Man hat das Gefühl, dass der Film etwas aussagen soll, aber was genau bleibt im Dunkeln. Schade.

Insgesamt eher durchschnittlich: 3 von 5 (was auch immer, sucht euch je nach Typ ‘was poppiges oder düsteres).

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 2,50 von 5)
10. Juli 2008

Feeder – Silent Cry

Category: Musik — Terje @ 10:24

Silent Cry
“Slipping away, losing all sense of reality
Sacrifice love and democracy
We burn it all down
Cos all our lives
We’re waiting for something new
Waiting for someone like you”

Was bleibt noch übrig? Was bleibt noch, wenn die Musikwelt immer mehr dem Kommerz verfällt, wenn die deutschen Singlecharts unhörbar werden, wenn man das Gefühl hat jemand muss endlich mal wieder etwas richtig Großes machen? Etwas, an das man sich erinnern wird. In 10 Jahren.

Mit welcher Band kann man noch rechnen, wenn alles verloren scheint. Mit einer Neuen? Emporkömmlingen voller Elan und Spielfreude? Sicherlich. Aber diesen Sommer verhält es sich anders. Die große Überraschnug kommt von einem alten Bekannten, von jemandem, dem man ein ernsthaftes Comeback nicht zugetraut hätte: Grant Nicholas und seiner Band Feeder. Nach einem wenig zufriedenstellenden letzten Album (Pushing the senses, 2005) und einer Singles Kollektion (2006) hatte man die Band, ähnlich wie The Offspring, schon fast aufgegeben. Doch nun ist es soweit. Seit dem 20. Juni steht ihr neues Album Silent Cry in den Läden. Es hat sich einiges getan, seit sie anno 2001 mit Echo Park und den Megahit Seven days in the sun quasi über Nacht berühmt wurden. Statt spaßorientiert nach vorne zu spielen wird insgesamt ein Gang zurückgeschaltet, was schon direkt beim Opener We are the people (siehe Zitat) auffällt. Große, getragene Rocknummern stehen diesmal auf dem Programm. Dabei ist es besonders erwähnenswert, dass die Melodien so ausgefeilt sind wie auf keinem vorherigen Album: Ohrwürmer werden in Dauertakt abgefeuert

We are the people, Miss you, Silent cry, Heads held high, Who’s the enemy, Guided by a voice, Sonorous

Alle spitze! Man fragt sich die ganze Zeit, warum es bei anderen Bands immer so sehr auf den Produzenten ankommt, wenn Feeder hier mal eben in Eigenregie ihr bestes und ehrlichstes Album abliefern. Es ist wirklich schwer, den neuen Sound zu beschreiben. Es ist einfach große, handgemachte Rockmusik einer Band mittleren Alters, die es noch einmal wissen will. Schade nur, dass die Band hierzulande völlig in Vergessenheit geraten zu sein scheint, denn ihr letztes Deutschland-Konzert liegt 7 Jahre zurück. Vielleicht wird sich auf meinem England-Aufenthalt im August/September die Möglichkeit bieten, die Waliser live zu sehen. Reinhören, jetzt!

Links zum Beitrag:
Die offizielle Seite der Band
9. Juli 2008

Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe

Category: Film,Sneak — Anne @ 11:46

Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe
Schon der Titel verrät, dass es sich hier um einen deutschen Film handeln muss. Ich hatte noch nichts von diesem Film gehört und war daher überrascht, dass er von dem bekannten Regisseur Leander Haußmann gedreht worden ist - eigentlich ein Qualitätsmerkmal.

Im Zentrum der Handlung steht Robert Zimmermann (Tom Schilling), der eigentlich ein traumhaftes Leben führt. Er hat einen Job, um den ihn viele beneiden würden: Er ist Spieleentwickler und -programmierer und arbeitet gerade an einem Ego-Shooter. (Der Film fing übrigens mit Szenen aus diesem Shooter an, was mir extrem gut gefallen hat!) Seine Familie wohnt auf einem herrschaftlichen Haus, Robert selber hat eine chice Stadtwohnung. Außerdem hat Robert eine hübsche Freundin - klingt eigentlich perfekt.

Hinter der Fassade bröckelt es jedoch gewaltig: Roberts Vater trennt sich von seiner Frau, weil er eine neue, wesentlich jüngere Geliebte hat. Roberts lesbische Schwester Pia lässt sich von einem Bekannten schwängern, weil sie sich ein Kind wünscht, was ihrer festen Freundin überhaupt nicht gefällt. Und als Robert seinen Anzug in die Reinigung bringt, verliebt er sich Hals über Kopf in die dort arbeitende Monika, die allerdings beträchtlich älter ist als er und zudem einen pubertierenden Sohn hat. Nachdem Robert sich von seiner Freundin Lorna getrennt hat, setzt er alles daran, Monika zu erobern. Die ist wiederum geschmeichelt, dass sich ein 26-Jähriger so sehr um sie bemüht…

Was bei dem Film besonders auffällt, ist die Ich-Bezogenheit von Robert. An die Probleme seiner Schwester und Mutter verschwendet er kaum einen Gedanken, und im Prinzip kümmern ihn auch Monikas Probleme nicht so sehr. Er will nicht für andere da sein, sondern verlässt sich darauf, dass andere für ihn da sind. Klar, dass das so nicht immer klappt. Eine Katharsis findet jedoch nicht statt - der Film entwickelt sich zwar, kommt aber nicht zum Abschluss. Vielleicht ist das das Erstaunlichste und Wunderbarste an der Liebe - sie findet kein Ende sondern durchlebt stets überraschende Wendungen.

Alles in allem schon sehenswert, aber sicher nicht jedermanns Geschmack. Drei von fünf Sternen - Tendenz nach oben.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (3 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)

Ein einziger Augenblick

Category: Film,Sneak — Anne @ 11:26

Reservation Road - Ein einziger Augenblick Der Film, der vor ein paar Wochen in Münster in der Sneak lief, handelt von dem Alptraum jedes Autofahrers: Dwight (Mark Ruffalo) überfährt eines Abends aus Unachtsamkeit den 10-jährigen Josh und begeht Unfallflucht. Josh stirbt noch am Tatort. Sein Vater Ethan (Joaquin Phoenix) möchte den Unfall nicht auf sich beruhen lassen und macht sich auf die Suche nach dem Täter.

Alles was Recht ist - besonders originell oder spannend ist diese Geschichte nicht. Nur durch den Schuld-und-Sühne-Gedanken kann der Film Dramatik entwickeln. Das machen die Schauspieler auch eigentlich nicht schlecht. Allerdings gibt der Film Mark Ruffalo und Joaquin Phoenix nicht allzu viel Gelegenheit, ihre Gefühle wirklich auszudrücken. Dwight’s Schuldgefühle - von denen er am Ende spricht - treten im Film nicht so deutlich zu Tage. Ethan’s Trauer erscheint zwar glaubwürdiger, allerdings wird er schon wenige Wochen nach Josh’s Tod aufgefordert, das Ganze auf sich beruhen zu lassen. Das ist unrealistisch und unglaubwürdig - im wahren Leben würde man dem Vater eines Verstorbenen deutlich mehr Zeit zum Trauern zugestehen. Auch der Showdown am Ende wirkt nicht überzeugend, und man hat das Gefühl, als habe man das alles schon einmal gesehen.

Das, was die größte Stärke des Films sein müsste, die Darstellung von Trauer und Schuld, ist somit nicht überzeugend gelungen. Demzufolge geht der Film nicht unter die Haut - nach dem Trailer hatte man einen anderen Eindruck. Schade - gerade eine so alltägliche Problematik hätte Stoff für ein gutes Drama geboten. Nur zweieinhalb von fünf Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
6. Juli 2008

Hancock

Category: Film — Dennis @ 17:00

Hancock John Hancock ist ein Arschloch wie es im Buche steht. Er säuft, schläft auf Parkbänken, pöbelt Andere an und ist nicht gerade jemand, über dessen Anwesenheit man sich besonders freut.
Er ist aber auch ein Superheld und das macht die Sache dann doch etwas komplizierter…

Will Smith ist ja mittlerweile ein Hit-Garant. Seit Independence Day und kürzlich I am Legend füllen sich die Kinokassen ja wie Onkel Dagoberts Geldspeicher. Zusätzlich geht es hier um Superhelden und abgesehen vielleicht von Daredevil kann man damit ja finanziell gesehen nicht viel falsch machen. Aber hält die Kombination was sie verspricht? Teilweise.

Viele Szenen hat man schon in den diversen Trailern zu Hancock gesehen: Hancock, der ein Auto auf ein Hausdach wirft, Hancock, der à la Shrek 3 einen Wal auf ein Boot wirft und so weiter. In den ersten drei Vierteln des Films gibt es davon noch so einiges mehr und hier macht der Film irgendwie auch richtig Laune. Um einen Kollegen zu zitieren: “Endlich mal ein Superheld, der nicht wie Superman die Hand in die Luft streckt und losfliegt.” Hancock ist glaubhafter, echter als viele der Saubermänner mit Superkräften, die sich so auf der Leinwand tummeln.

Das letzte Viertel des Films ist dann von der Stimmung her ein gewaltiger Bruch, führt aber die Geschichte konsequent zu Ende. Das lustige PG-13-Rating wegen “some intense sequences of sci-fi action and violence, and language” ist dann besonders wegen der violence gegen Ende vielleicht etwas optimistisch. Das Ende ist dann kein richtiges Happy End, kein richtiger Cliffhanger für einen zweiten Teil, aber auch gar nicht so übel.

So, genug der Lobhudelei: Auf zu den negativen Seiten.

Will Smith als Hancock ist großartig, Jason Bateman als sein PR-Berater ist gut, Charlize Theron als des Beraters Eheweib mit mysteriöser Vergangenheit ist bestenfalls blass, schlimmstenfalls langweilig. Die Special Effects sind zwar ganz nett, aber irgendwie auch nicht so wirklich überzeugend. Natürlich ist Hancock ganz supertoll stark, aber man hat einfach das Gefühl, dass er hier Plastikbröckchen statt Zügen, Autos oder Backsteinen durch die Gegend wirft.

Dann ist da die Geschichte: Ganz schön tragisch wird’s gegen Ende, aber der Zuschauer erfährt leider nicht, warum. Ein bisschen mehr Hintergrund, ein bisschen mehr reasoning hinter dem fast griechisch-tragödisch anmutenden Ende wäre dann doch schön gewesen und hätte dem Ganzen noch mehr Tiefe verliehen.

Anyway, Hancock ist großes, unterhaltsames Popcorn-Kino. Wer genug von Saubermann-Supermännern hat, sollte Hancock durchaus einmal eine Chance geben. Allein Will Smiths Sprüche sind beinahe die Kinokarte (zumindest im Parkett) wert. Viel mehr Tiefgang darf man aber leider nicht erwarten.

Drei Nudelhölzer (übrigens einer der grandiosen Gags des Films!) für Hancock.

Dennis

Links zum Beitrag:
Hancock bei imdb
Will Smith, der Hit-Gigant
Independence Day bei imdb
Wer immer sehen wollte, wie man mit einem alten Apple-Laptop ein außerirdisches Raumschiff hackt…